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49 Stunden Arbeit am Stück: Spitalsärzte am Limit

Von Petra Tempfer

Politik
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Wer unterm Messer liegt, rechnet mit voller Konzentration vonseiten der Ärzte.
© fotolia

Ärztekammer fordert kürzere Dienstzeiten für Spitalsärzte.


Wien. Ärzte, die länger als 24 Stunden im Dienst sind, haben eine verlangsamte Reaktionszeit - ganz so, als hätten sie 0,8 Promille Alkohol im Blut, hat eine Studie der Universität Innsbruck ergeben. "Das ist eine potenzielle Gefahr für die Gesundheit der Ärzte und Patienten", sagte Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, am Mittwoch. Derzeit sind allerdings laut Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz bis zu 32 Stunden lange einzelne Dienste erlaubt, an Wochenenden dürfen Ärzte sogar bis zu 49 Stunden am Stück arbeiten.

"Dieses Gesetz muss geändert werden", forderte Mayer. In einigen Spitälern gibt es zwar Betriebsvereinbarungen, die eine höchstzulässige Dienstdauer von 25 Stunden gewährleisten - die bereits 2011 angekündigte Novelle zum Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz zur Arbeitszeitverkürzung ist aber bis jetzt nicht zustande gekommen. "Das Sozialministerium verfolgt diese Forderung schon länger", heißt es dazu aus dem Büro von Minister Rudolf Hundstorfer auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". "Bisher scheiterte die Novelle aber am Widerstand aus den Ländern." Die Gespräche verliefen "zähflüssig" - diese Legislaturperiode werde sich die Novelle daher nicht mehr ausgehen.

Länder befürchten Kostenexplosion

Der Grund für den Widerstand ist offensichtlich: Die Länder - allen voran Niederösterreich und Oberösterreich - fürchten eine Kostenexplosion durch die Verkürzung der durchgehenden Dienstzeiten. "Eine Studie im Auftrag des Sozialministeriums hat aber ergeben, dass das Ganze kostenneutral verlaufen würde - weil es ja nur zu einer Umschichtung der Dienstzeiten kommt und die Überstunden wegfallen", betonte Mayer.

Zu lange Dienstzeiten am Stück führten indes zu Demotivation, erhöhter Herzfrequenz und Bluthochdruck. Die Übermüdung stelle ein enormes Risiko dar. "Niemand würde zu einem Taxifahrer ins Auto steigen, der 45 Stunden lang nicht geschlafen hat", ergänzte Karlheinz Kornhäusl, stellvertretender Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte. Rund fünf Prozent aller tödlichen Unfälle im Straßenverkehr seien auf Übermüdung zurückzuführen. "Von Ärzten wird aber offensichtlich erwartet, dass sie ohne Pausen auskommen und dennoch tadellose Arbeit liefern."

Vor allem die Jüngsten, die Ärzte in Ausbildung, seien von überlangen Dienstzeiten betroffen. Eine Untersuchung des Kontrollamts Anfang des Jahres hat laut Kornhäusl ergeben, dass zwei Drittel der in Ausbildung befindlichen Ärzte unter Arbeitszeitüberschreitungen leiden - mehr als jeder Zweite ist an einer Form von Burnout erkrankt. Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit sei dadurch freilich nicht gegeben.

Wie unattraktiv die Tätigkeit in einem Krankenhaus mittlerweile sein kann, sehe man sehr gut daran, dass derzeit rund 170 Turnusstellen in Österreich nicht besetzt sind, sagte Kornhäusl. "Das bedeutet in der Praxis für die verbliebenen Kollegen noch mehr Arbeit, und das wiederum führt in einen Teufelskreis aus überlangen Diensten, Übermüdung und Qualitätsverlust."

Die Gewährleistung der Patientensicherheit sei das eine - andererseits müsse man auch den ärztlichen Nachwuchs durch attraktive Arbeitsbedingungen in die Spitäler ziehen und halten. Sonst drohe aufgrund der heranrollenden Pensionierungswelle ein Ärztemangel.