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Die Lobbyinggebühr der Telekom

Von Katharina Schmidt

Politik

Prozess um mutmaßliche Telekom-Zahlung an FPÖ startet mit Teilgeständnissen von Telekom-Angeklagten.


Wien. Der Prozess begann mit einem Paukenschlag: Am Mittwoch haben sich im Wiener Straflandesgericht der ehemalige Telekom-Vorstand Rudolf Fischer und der frühere Prokurist der Telekom, Michael G., vor dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Michael Tolstiuk teilschuldig der Untreue bekannt. Damit dürfte sich auch die Position des Hauptangeklagten, des ehemaligen FPÖ-Werbers Gernot Rumpold, der sich genauso wie die anderen beiden Angeklagten - Ex-FPÖ-Geschäftsführer Arno Eccher und der frühere freiheitliche Finanzreferent Detlev Neudeck - nicht schuldig bekannten, geschwächt haben.

Nach dem Prozess um die Telekom-Kursmanipulation im Februar 2004 (siehe Kasten unten) ist das justizintern "Telekom III" genannte Verfahren nun schon das zweite aus der Korruptionsaffäre rund um das teilstaatliche Unternehmen. Die Verhandlung startete unter großem medialen Interesse, auch Gabriela Moser (Grüne), die ehemalige U-Ausschuss-Vorsitzende, wo der Fall vor einem Jahr ebenfalls Thema war, ließ sich im Saal 303 blicken.

Diesmal wirft Staatsanwalt Herbert Harammer den Angeklagten verdeckte Parteienfinanzierung von der Telekom über Rumpolds Werbeagentur mediaConnection an die FPÖ in der Höhe von 600.000 Euro brutto vor, wie er in seinem Eröffnungsplädoyer erläuterte. Die mediaConnection war als FPÖ-Agentur gegründet worden, später übernahm sie Rumpold, ihm wurde eine jährliche Pauschale in der Höhe von 7,5 Millionen Schilling zugesichert. Als die Freiheitlichen 2002 bei der Nationalratswahl abstürzten, waren die Parteikassen plötzlich leer - bis auf 1,6 Millionen Euro. Allein 1,5 Millionen Euro wollte Rumpolds Agentur haben. Und das ist laut Harammer der Punkt, an dem die Telekom in Spiel kommt. Diese habe die finanzielle Krise der FPÖ als "Schuhlöffel genutzt, um sich die Freiheitlichen gewogen zu machen". Um dies zu verschleiern, sei die mediaConnection zwischengeschaltet worden. G. habe im Auftrag von Fischer mit Rumpold mündlich ein "Scheingeschäft" über 600.000 Euro abgeschlossen.

Werbekonzept recycelt

Die Telekom habe dies in zwei Teilzahlungen an Rumpold überwiesen. Erst als die zweite Zahlung eingegangen war, habe Rumpold einen Vergleich mit der FPÖ geschlossen, in dem er auf alle Forderungen aus dem alten Vertrag verzichtete und die Betreuung des FPÖ-EU-Wahlkampfs bekam. Die Telekom habe das Geld an Rumpolds Agentur überwiesen, noch bevor auch nur Teilkonzepte eingegangen seien. Bis jetzt seien nur Entwürfe gefunden worden - etwa ein Papier, das die mediaConnection schon ein Jahr zuvor dem Telekom-Konkurrenten Telering verkauft hatte, so Harammer. Rumpold, Eccher und G. haben vor dem U-Ausschuss einen Konnex zwischen der Beauftragung der mediaConnection durch die Telekom und dem Schuldenerlass für die FPÖ bestritten, daher sind sie auch wegen falscher Beweisaussage angeklagt. In diesem Punkt bekennen sich alle für nicht schuldig.

Am Mittwoch wurden zunächst Fischer und G. einvernommen. Vor allem in Fischers Aussage wurde deutlich, dass sich dieser Prozess nicht nur um das System Telekom, sondern in erster Linie um das System Haider dreht: Der Ex-FPÖ-Chef sei an ihn herangetreten und habe ihn gebeten, die Agentur von Rumpold zu beschäftigen. Haider habe gesagt: "Ihr tät’s mir eine Riesenfreude machen", da Rumpold aufgrund seiner bekannten Nähe zur FPÖ wenig Aufträge bekomme.

"Entwürfe etwas dünn"

Er habe zwar keine Freude damit gehabt, aber im Sinne einer Verbesserung des angeschlagenen Verhältnisses der Telekom zum kleinen Koalitionspartner habe er "Haider einen Gefallen getan" und G. angeordnet, Rumpold einen Auftrag zu erteilen. "Die Werthaltigkeit der Konzepte war sicher nicht das, was man sich für 500.000 Euro (netto, Anm.) erwartet. Aber ich habe bewusst nichts dagegen gemacht." Ähnlich argumentierte G.: Er sei kein Experte, aber die Konzepte seien "schon etwas dünn" gewesen. Aber wenn er das Rumpold gesagt hätte und Haider hätte davon gehört, "hätten wir das nicht erreicht, was wir erreichen wollten: die positive Stimmung". Man könnte die 600.000 Euro also als Opportunitätskosten oder - in den Worten G.s "Lobbying Fee" nennen. Auf Basis der Konzepte ist jedenfalls nichts entstanden. Beide bisher befragten Beschuldigten bestritten, gewusst zu haben, dass es sich dabei um versteckte Zahlungen an die FPÖ gehandelt habe.

Heute, Donnerstag, werden Rumpold, Eccher und Neudeck befragt, ihre Anwälte erklärten allerdings bereits zum Prozessauftakt, die Unschuld ihrer Mandanten. Im Fall einer Verurteilung drohen ein bis zehn Jahre Haft.

Wissen: Die Telekom-Verfahren

Am 11. Februar startete im Wiener Straflandesgericht der erste Prozess "Telekom I" um die Kursmanipulation der Telekom-Austria-Aktie vom Februar 2004, von der rund 100 Telekom-Manager in Form eines Bonusprogramms profitiert haben. Die Ex-Telekom-Vorstände Rudolf Fischer und Stefano Colombo wurden nicht rechtskräftig wegen Untreue zu drei beziehungsweise dreieinhalb Jahren Haft und der frühere Telekom-Manager Josef Trimmel zu drei Jahren Haft (davon zwei bedingt) verurteilt. Ex-Telekom-Vorstand Heinz Sundt wurde im Zweifel freigesprochen. Bei der "Telekom I"-Fortsetzung am 5. April fasste der Euro-Invest-Banker Johann Wanovits fünf Jahre Haft unbedingt aus.

Am Mittwoch startete "Telekom III": Die Parteienfinanzierung zur Zeit der schwarz-blauen Koalition 2004 rund um den früheren FPÖ-Werber Gernot Rumpold steht im Zentrum.

Bereits in der Pipeline sind "Telekom II" und "Telekom IV". Bei Ersterem hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den mittlerweile zum Vertriebschef bei Google Deutschland aufgestiegenen Stefan Tweraser - er ist derzeit suspendiert - erhoben. Ihm wird ebenfalls vorgeworfen, Gelder veruntreut zu haben. Bei "Telekom IV" geht es wieder um verdeckte Parteienfinanzierung - diesmal in Richtung BZÖ. Im Zentrum dieses Verfahrens steht der Lobbyist Peter Hochegger.