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Salzburg steigt mit Gewinn aus

Von Reinhard Göweil

Politik

SPÖ zahlt die Rechnung für Desaster in der Landesregierung letztlich allein.


Salzburg. Gerechtigkeit ist in der Politik ein ausschließlich subjektiver Begriff. An recht viel mehr als diesen Satz kann sich die Salzburger SPÖ derzeit nicht klammern. Bei der Landtagswahl 2009 machten 111.485 Stimmen Gabi Burgstaller erneut zur Landeshauptfrau, 2013 geht die SPÖ mit 63.460 Stimmen in die Opposition. 2009 konnte die ÖVP 103.385 Wahlberechtigte für sich gewinnen, 2013 machen schon 77.312 Stimmen Wilfried Haslauer zum Landeshauptmann. Daran dachte bis 6. Dezember 2012 niemand, dann kam der vom damaligen Finanzlandesrat David Brenner (SPÖ) eingestandene Salzburger Spekulationsskandal, der alles auf den Kopf stellte. Sein Satz: Es drohe ein Verlust von 340 Millionen Euro - das wären ganze 15 Prozent des Landesbudgets. So viel verlor die SPÖ in Prozenten bei der vorgezogenen Landtagswahl.

Nach Recherchen der "Wiener Zeitung" wird es allerdings auf Basis dieser Berechnungen keinen Verlust geben. Der Abbau jener als "Schatten-Portfolio" im Dezember 2012 zusätzlich aufgetauchten 1,8 Milliarden Euro Schulden des Landes Salzburg geht schneller als erwartet. "Es sind jetzt mehr als 80 Prozent davon verkauft worden, und es gibt einen schönen Gewinn. Wir rechnen damit, dass der für den Abbau vorgesehene Zeitraum von 18 Monaten deutlich unterschritten wird", sagte ein Involvierter der "Wiener Zeitung". "Es gibt praktisch nur noch Unwägbarkeiten auf der Darlehensseite, doch Banken sind bei Zinsen ja verhandlungsbereit."

Um diesen Satz verständlich zu machen, muss man sich erinnern, dass das Land Salzburg relativ komplexe Veranlagungen in fremden Währungen wie türkischer Lira, brasilianischem Real, polnischem Zloty und indonesischer Rupie durchgeführt hat. Das alles nicht auf Basis eines vorhandenen Vermögens, sondern auf Schulden - grob vergleichbar mit einer Familie, die zur Finanzierung ihres Hauses einen Franken-Kredit aufgenommen hat.

"Denkzettel" vom Wähler

Auch diese Verhandlungen laufen in Salzburg offenkundig sehr gut, vor allem - so ist zu hören - mit der TSB Lloyd und der Salzburger Hypo. Wenn also die Märkte nicht über den Sommer verrückt spielen, wird rechtzeitig für die Nationalratswahl Ende September der bis dahin als Landeshauptmann agierende Wilfried Haslauer (ÖVP) verkünden können, das Spekulations-Abenteuer mit einem Gewinn abschließen zu können.

Der Dumme ist die Salzburger SPÖ. Sie bekam eine saftige Rechnung vom Wähler präsentiert und muss als Opposition zusehen, wie die neue Landesregierung am Ende womöglich mit weniger Schulden dasteht als die alte vor Bekanntwerden der Spekulationsgeschäfte. Der Gewinn könnte dazu verwendet werden, "ganz normale" Schulden zu tilgen.

In der SPÖ wird zudem befürchtet, dass bei dem Tempo des Ausstiegs das Interesse der Regierungsparteien (ÖVP, Grüne, Team Stronach) an einer vollständigen Aufklärung der Sache erlahmen könnte. Denn mit Abschluss der Verkaufsbemühungen beenden auch alle engagierten externen Experten ihre Tätigkeit. Die Firma Ithuba des Investmentbankers Willi Hemetsberger hat zwar einen Vertrag bis Mitte 2014, um die Papiere zu verkaufen - wenn sie jedoch früher damit fertig ist, endet der Vertrag. Ebenfalls der des Linzer Universitätsprofessors Meinrad Lukas, der den Verkauf überwacht.

An Bord bleiben wird dagegen Walter Knirsch, ehemaliger Chef des Beratungsunternehmens KPMG Österreich. Er soll die Finanzabteilung des Landes neu organisieren, damit solche Spekulationsgeschäfte nicht mehr unerkannt bleiben können. Die Referatsleiterin Monika Rathgeber betrieb die Spekulationsgeschäfte seit 2001, die Größenordnung fiel aber niemandem auf.

Die Grünen, die nun mit der ÖVP koalieren wollen, kritisierten dabei nach dem U-Ausschuss den Salzburger Landesamtsdirektor Heinrich Christian Marckhgott heftig. Die ihm unterstehende Interne Revision interessierte sich für die Finanzabteilung gar nicht, so die Grünen. Marckhgott ist ÖVP-Mitglied und bestens vernetzt - auch mit dem künftigen Landeshauptmann Haslauer. Ob die Grünen seine Ablöse fordern, ist derzeit nicht bekannt. Die Salzburger Grünen-Chefin Astrid Rössler ließ eine diesbezügliche Anfrage der "Wiener Zeitung" unbeantwortet.

"Hearing" am 18. Juni

Da sich vor der Angelobung die künftigen Mitglieder der Salzburger Landesregierung am 18. Juni dem Landtag einem "Hearing" stellen, werden SPÖ und FPÖ wohl den weiteren Umgang mit der Spekulationsaffäre thematisieren. Die Grünen werden sich dabei wohl ihren Bericht zum U-Ausschuss vorhalten lassen müssen. Darin wird heftige Kritik an der ÖVP geübt.

Eine weitere Frage, der sich die künftige Landesregierung stellen wird müssen, ist der Umgang mit den involvierten Banken. So steht ja immer noch eine Klage gegen die Salzburger Hypo im Raum, die vor allem türkische Lira-Papiere in großem Umfang an die damalige Referatsleiterin Rathgeber verkaufte - und an den Gebühren blendend verdiente. Die Grünen selber kritisierten, dass Haslauer bis 2009 im Aufsichtsratspräsidium der Bank saß.

Gespaltenes Bild bei SPÖ

Die "Bundes-Grünen" haben mit der kommenden Koalition mit dem Team Stronach so ihre liebe Mühe. Auf Nationalratsebene käme so etwas nicht in Frage, bekräftigten erst kürzlich wieder Ulrike Lunacek (EU-Parlament) und Finanzsprecher Werner Kogler. Außerdem seien die Koalitionsverhandlungen noch nicht abgeschlossen. Der frühere Spitzenfunktionär Johannes Voggenhuber wieder ging mit den Salzburger Parteikollegen hart ins Gericht, weil sie das Angebot der SPÖ ablehnten, den Grünen die Landeshauptfrau zu überlassen.

Die SPÖ selbst bietet ein gespaltenes Bild. Der Salzburger Bürgermeister Schaden wies den Rat von Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos zurück, nach dem Desaster freiwillig in Opposition zu gehen. Nun wird die Partei quasi in Opposition geschickt - eine zusätzliche Demütigung. Und im Herbst wird sie sich von der neuen Landesregierung erklären lassen müssen, dass alles gut ausgegangen ist.