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Der Ost-Ansturm im Wasserglas

Von Clemens Neuhold

Politik

Öffnung des Arbeitsmarktes brachte bloß 10.000 neue Osteuropäer ins Land.


Wien. Plus 40 Prozent Zuwanderung. Klingt viel, relativiert sich aber bei genauer Betrachtung. Mit 43.000 Personen (Statistik Austria) wanderten 2012 um 7000 Menschen weniger nach Österreich ein als etwa im Jahr 2004, als die Anti-Zuwanderungspartei FPÖ in der Regierung saß. Nach 2006 sackte die Zuwanderung wegen rigider Gesetze auf 17.000 im Jahr 2009 ab. Nun pendelt sie sich wieder auf altem Niveau ein.

Ein zweiter Grund für das Plus von 40 Prozent: 2011 öffnete sich der österreichische Arbeitsmarkt für Polen, Tschechen, Slowaken, Slowenen und Ungarn. Um den bereinigten Effekt dieser Öffnung zu berechnen, hat die "Wiener Zeitung" die Wanderung aus diesen Ländern 2010 mit 2012 verglichen: Ergibt 10.000 Zuwanderer. Stellt man in Rechnung, dass die FPÖ damals eine "Massenzuwanderung" aus dem Osten an die Wand malte, ist der Effekt sehr gering. Und er wird bald verpuffen. "Die Geburtenrate in Osteuropa sinkt, das Arbeitskräftepotenzial der Nachbarländer ist bald erschöpft", sagt Alexander Wisbauer von der Statistik Austria.

Mehr Pflegerinnen

Mit über 6000 Personen stellten die Ungarn die mit Abstand größte Gruppe der Zuwanderer. Ein augenscheinlicher Grund: Die wirtschaftliche Lage beim Nachbarn. Die ist deutlich schlechter als etwa in Tschechien, von wo unterm Strich 2012 nur 500 Menschen nach Österreich zogen. Der vielleicht noch stärkere Grund: Mehr Pflegerinnen. Die kamen zunächst vorwiegend aus der Slowakei, nun rücken mehr Ungarinnen nach, die für die 24-Stunden-Pflege einen zweiten Hauptwohnsitz in Österreich anmelden.

Auf den Arbeitsmarkt war der Effekt der Öffnung 2011 stärker. Das Wifo-Institut errechnete 30.000 zusätzliche Arbeitskräfte. Der Unterschied gegenüber der Zuwanderungsstatistik liegt in den Pendlern, die als Erntehelfer, Küchenhilfen oder Pfleger nach Österreich pendeln, aber daheim wohnen bleiben. Und auch diese Zahl wird aus genannten Gründen sinken.

Die Krise in Südeuropa schlägt sich deutlich in der Statistik nieder - auf niedrigem Niveau. 2008 wanderten fünf Griechen zu, 2012 waren es 636; die Zahl neuer Spanier verdoppelte sich auf 700.