"Wiener Zeitung": Was kann Michael Spindelegger besser als Werner Faymann?

Christoph Leitl: Er kann besser mit den vorhandenen Steuermitteln umgehen. Spindelegger sagt, es braucht keine neuen Steuern - Faymann will neue Steuern. Wer höhere Steuern will, muss wissen, dass er damit der Wirtschaft schadet.
Was muss Ihre Partei, die ÖVP, tun, um am 29. September die Nationalratswahlen zu gewinnen?
Den Menschen wieder Vertrauen in die Zukunft geben.
Das ist leichter gesagt als getan.
Mit neuen Steuern stärke ich jedenfalls kein Vertrauen. Wenn jeder Sorge haben muss, ob denn das, was er sich aufgebaut hat, auch sinnvoll war oder ob es nicht doch klüger gewesen wäre, wenn er es sich ein bisschen gemütlich gemacht hätte, dann läuft etwas falsch. Wir sollten endlich damit beginnen, uns an den Besten zu orientieren und nicht immer nur am Durchschnitt. Ich will, dass Österreich zu den Besten gehört.
Die SPÖ pocht auf Gerechtigkeit und fordert höhere Steuern für die wirklich Reichen. Tatsächlich haben viele das Gefühl, dass Millionäre in diesem Land nicht wirklich fair besteuert werden.
Sie übersehen dabei eines: Die wirklich Wohlhabenden leisten seit 1. Jänner einen noch nicht einmal budgetwirksamen höheren Beitrag: die Solidarabgabe auf die Spitzeneinkommen und die Vermögenswertzuwachssteuer. Beides habe ich mitgetragen, auch die Finanztransaktionssteuer hat meine Unterstützung, aber was will man denn jetzt noch?
Die milliardenschweren Rettungspakete für die Banken treffen im Vergleich dazu die kleinen Leute viel härter.
Im Gegenzug müssen die Banken hohe Abgaben bezahlen und zugleich noch ihr Eigenkapital erhöhen. Beides gleichzeitig geht aber nur schwer, also bremsen sie bei der Kreditvergabe - und treffen wen damit? Die kleinen Unternehmen, die Gründer.
Herr Leitl, Sie haben das Konjunkturpaket der Regierung gelobt. Sind Sie ein Keynesianer?
Ja, der bin ich, allerdings im doppelten Sinn des Wortes. Keynes hat man nämlich immer nur sehr einseitig zitiert mit der Forderung, man müsse in schlechten Zeiten hineinbuttern. Keynes hat allerdings auch gesagt, dass in guten Zeiten Reserven geschaffen werden müssen. Deshalb bin ich ein Befürworter eines über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Budgets; wenn wir wieder Wachstumsraten von zwei, drei Prozent haben, müssen wir Überschüsse erwirtschaften - für schlechtere Zeiten.