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Salzburgs nächste Selbstanzeige

Von Matthias Nagl

Politik

Es gab frühzeitig Hinweise auf Missbrauch von Katastrophengeldern.


Salzburg. Der Katastrophenfonds kommt meist dann ins Gerede, wenn überraschende Ereignisse großen Schaden anrichten. Ein solches Ereignis ist auch der Salzburger Finanzskandal - dennoch kommt es unerwartet, dass der Katastrophenfonds nun ebenfalls im Zusammenhang mit diesem Ereignis steht.

Der Fonds ist Inhalt der mittlerweile dritten Selbstanzeige, die Salzburg im Zusammenhang mit dem Skandal nun eingebracht hat. Nach zwei Anzeigen beim Finanzamt hat sich das Land diese Woche bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Salzburg soll zwischen 2008 und 2011 rund 4,5 Millionen Euro zu viel aus dem Katastrophenfonds bezogen haben. Das teilte der neue Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent Christian Stöckl (ÖVP) am Mittwoch mit.

Möglich war das, weil die Vergabe der Mittel an die betroffenen Bürger und Gemeinden über die Länder erfolgt. Wie interne Erhebungen des Salzburger Finanzressorts ergeben hätten, soll die ehemalige Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber die Schadensmeldungen der Gemeinden und Abteilungen deutlich überhöht beim Katastrophenfonds eingereicht haben. Was mit den Differenzbeträgen geschehen ist, ist noch unklar. Auch wurden bisher nur die Jahre bis 2008 untersucht. Es dürfte sich aber nicht um Ausnahmefälle gehandelt haben. Wie es aus der Salzburger Landesregierung heißt, seien "sehr viele Projekte und sehr viele Gemeinden" betroffen gewesen. Stöckl kündigte an, das zu viel erhaltene Geld zurückzuzahlen.

"Bei jedem Schritt, den wir in der Aufarbeitung der Finanzcausa weiterkommen, folgen leider sehr oft auch wieder zwei Schritte zurück. Es ist haarsträubend, was im Budgetreferat in den vergangenen Jahren passiert ist, und es ist mir ein Rätsel, wie lange da so viel schief gehen konnte, ohne dass es aufgefallen ist", so Stöckl.

Hinweise waren da

Aber ist es nicht so, dass nichts hätte auffallen können. Das belegt ein Blick in den Datenwust der schon lange öffentlichen Rechnungsabschlüsse des Landes aus den betreffenden Jahren. Dass die Beträge für die Katastrophenhilfe in den Rechnungsabschlüssen jeweils deutlich höher waren als in den Voranschlägen, muss noch nichts heißen - schließlich lassen sich Katastrophenereignisse wie Hochwasser, Muren, Lawinen oder Unwetter schlecht langfristig vorhersagen.

Doch während sich Einnahmen aus dem Katastrophenfonds und Ausgaben für Katastrophen in den Budgetvoranschlägen stets die Waage halten oder die Ausgaben etwas höher sind, weisen die Rechnungsabschlüsse stets deutlich höhere Einnahmen als Ausgaben aus. Die Differenz übersteigt auch jene Beträge, die von Stöckl nun bekanntgegeben wurden.

So wurden etwa 2011 laut Rechnungsabschluss rund 5,5 Millionen Euro an Zuschüssen aus dem Katastrophenfonds kassiert, die Ausgaben beliefen sich aber nur auf gut 4 Millionen Euro. Die aktuelle Aussendung spricht für 2011 von 1,4 Millionen Euro an zu viel kassierten Katastrophengeldern. Für 2010 beträgt die Differenz im Rechnungsabschluss rund 1,7 Millionen Euro, zu viel kassiert wurden 1,3 Millionen.

Da sich die Zahlen nicht genau decken, will man jene aus dem Rechnungsabschluss im Stöckl-Büro auch nicht als frühzeitige Hinweise gelten lassen. Auffällig sind sie aber in jedem Fall. Zumal Meinhard Lukas, Rechtsberater des Landes in der Finanzcausa, schon vor Wochen feststellte: "Es war sehr viel von dem, was wir heute als Finanzskandal bezeichnen, in den Jahresabschlüssen angedeutet." Das gilt wohl auch für die Unregelmäßigkeiten beim Katastrophenfonds.

Wissen

Der Katastrophenfonds ist im Finanzministerium angesiedelt und soll die Beseitigung von Katastrophenschäden sowie Vorbeugungsmaßnahmen finanzieren. Er zahlte zwischen 2008 und 2011 jährlich zwischen 330 und 350 Millionen Euro aus und speist sich aus Anteilen an der Einkommens-, Lohn-, Kapitalertrags- und Körperschaftssteuer. Zum Beispiel wurde der Hochwasserschutz an der Donau vom Katastrophenfonds mitfinanziert.