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Darabos zeitlos defensiv

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Die SPÖ setzt auf Arbeit, Pensionen, Bildung und Wohnen - und ein bisschen auf Einbindung der Bürger.


Wien. Norbert Darabos ist Historiker - und ein Hauch von Geschichte umweht auch die Themen, mit denen der SPÖ-Bundesgeschäftsführer seine Partei 60 Tage vor der Nationalratswahl in den Intensivwahlkampf schickt. Arbeit, Pensionen, Bildung und Wohnen - damit hätte die SPÖ wohl bei jeder Nationalratswahl seit 1945 antreten können. Als Tribut an den Zeitgeist setzt die SPÖ dafür auch ein bisschen auf Bürgerbeteiligung.

Auf großflächigen Plakaten kündigt Parteichef Werner Faymann an, die SPÖ werde "um jeden Arbeitsplatz", "für faire Bildung", "für leistbares Wohnen" und "für sichere Pensionen" kämpfen. Andere Plakate sind knapper gehalten, da heißt es Weiß auf Rot "Arbeit", "Bildung" oder "Pensionen". Damit wolle die SPÖ "ihre Kernkompetenzen kommunizieren", erklärte Darabos am Mittwoch vor Journalisten. Er sieht die Roten in einer "guten Situation", denn gerade bei diesen Fragen sei "die Lösungskompetenz am ehesten bei den Sozialdemokraten beheimatet".

Bestärkt sieht sich Darabos von einer Karmasin-Umfrage, wonach die SPÖ mit Abstand am meisten für die arbeitenden Menschen, Pensionisten und Jugendlichen tut, während die ÖVP nur die Interessen von Banken und Konzernen vertritt.

"Zeitlose Themen,aber Themen der Zeit"

Aus Sicht des Politikberaters Peter Hajek setzt die SPÖ die für sie richtigen Schwerpunkte. Den Einwurf der thematischen Beliebigkeit lässt er nicht gelten. "Die Themen sind zeitlos, aber es sind auch Themen der Zeit", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Bildung sei "immer ein Thema", Arbeitslosigkeit gerade für die SPÖ ebenso. Wohnen sei der Wiener SPÖ stets ein Anliegen gewesen und durch die Wirtschaftskrise und steigende Mietpreise aktuell geworden.

"Jede Partei hat ihre Symbolthemen, die sie immer spielt", sagt Hajek. Bei den Grünen ist das die Umwelt, bei der FPÖ die Zuwanderung, bei der ÖVP die Wirtschaft und bei der SPÖ eben die Arbeit. Entscheidend sei, was für die Zielgruppe relevant ist, so Hajek. Klar sei angesichts der Schwerpunkte auch, dass die SPÖ einen rein auf die Kernwählerschaft zugeschnittenen, "defensiven Wahlkampf" führe, so der Politikexperte.

Das betrifft freilich nicht nur die SPÖ, sondern auch die ÖVP. "Beide machen Kernwählerpolitik wie vor 30 Jahren", findet Hajek. Einen "offensiven Wahlkampf", um gezielt breite, neue Wählerschichten anzusprechen, habe die ÖVP zuletzt unter Wolfgang Schüssel gemacht, als man auf Pensionsreform und Studiengebühren gesetzt habe - und vom Wähler mit 42 Prozent honoriert wurde. Bei der SPÖ liege der letzte offensive Wahlkampf sogar noch weiter zurück, sagt Hajek und führt den EU-Beitritt und die progressive Finanzpolitik unter Franz Vranitzky an.

Allerdings waren weder Pensionsreform, noch Studiengebühren, EU-Beitritt oder die Finanzpolitik von Ferdinand Lacina jemals Wahlkampfthemen.

"Meilensteine muss man in Legislaturperiode setzen"

"Im Wahlkampf neue Themen zu setzen funktioniert nicht", sagt Hajek, "die Meilensteine müsste man schon während der Legislaturperiode setzen". SPÖ und ÖVP könnten auf Bundesebene erst wieder offensive Wahlkämpfe führen, wenn sie sich ein Beispiel an ihren steirischen Landesgruppen nehmen und heiße Eisen angreifen würden, so Hajek.

Wenn Darabos bei den Themen schon klassisch bleibt, so wagt er in anderen Bereichen durchaus Experimente. So wird die SPÖ zum Beispiel in Kärnten auf Plakate verzichten - auf Wunsch der dortigen Landesgruppe. Die will dafür vermehrt auf Hausbesuche und den direkten Kontakt mit den Wählern setzen - womit sie ja schon bei der Landtagswahl im März durchaus erfolgreich war.

Das zweite Experiment betrifft das Wahlprogramm. Hier hatte die SPÖ die Bevölkerung aufgefordert, sich einzubringen. Die Menschen seien eingeladen, "ein Stück des Weges mit uns zu gehen", zitiert Darabos, der Historiker, den früheren Kanzler Bruno Kreisky. Aus diversen öffentlichen Bürgerversammlungen und Dialogforen in den vergangenen drei Monaten gingen letztlich zehn Punkte hervor, die beim Bundesparteirat am kommenden Samstag Eingang in das Wahlprogramm finden werden.

Schon am Freitag werden sie bei einem großen Bürgerkonvent diskutiert. Dabei stellen sich Spitzenvertreter der Partei "Hunderten Menschen, die nicht aus der SPÖ stammen - oder schon", wie Darabos sagt. Inhaltlich wollte er zu den zehn Punkten noch nicht zu viel verraten, außer dass "Pensionen und Karenzfragen" dabei seien.

Der Bürgerkonvent findet übrigens genau in jenem Gebäude im 22. Wiener Gemeindebezirk statt, in dem ÖVP-Chef Michael Spindelegger im vergangenen Oktober seine Partei auf ihre Wirtschaftskompetenz einschwor - das Symbolthema der ÖVP für einen auf ihre Kernwähler zugeschnittenen, defensiven Wahlkampf.