Toronto/Wien. Der Mann, der Frank Stronachs politische Träume in dessen Wahlheimat Kanada zerstörte, ist sich seiner historischen Rolle bewusst. "Wir haben damals gezeigt, dass Geld nicht alles kaufen kann", sagt John Cole heute: "Auch wenn Frank das vielleicht noch immer nicht ganz begriffen hat."

Da war Frank Stronachs Welt noch in Ordnung, im Wahlkampf 1988. Trotz hohem Aufwand unterlag der Unternehmer aber John Cole, der sagt heute: "Ich weiß, dass ihn das tief erschüttert hat." - © CP/Tony Van Alphen
Da war Frank Stronachs Welt noch in Ordnung, im Wahlkampf 1988. Trotz hohem Aufwand unterlag der Unternehmer aber John Cole, der sagt heute: "Ich weiß, dass ihn das tief erschüttert hat." - © CP/Tony Van Alphen

Am 21. November 1988 hatte sich Cole als Kandidat der Progressive Conservative Party für den kanadischen Wahlkreis York-Simcoe gegen Frank Stronach durchgesetzt. Der Unternehmer war damals für die Liberal Party ins Rennen gegangen und zuvor formal als Chef des Magna-Konzerns zurückgetreten, um überhaupt kandidieren zu können.

In Kanada gilt das Mehrheitswahlrecht. Coles Sieg fiel deutlich aus. Während 26.732 Bürgerinnen und Bürger (47,2 Prozent) für Cole stimmten, landete Stronach - trotz massiven finanziellen Einsatzes - mit 19.906 Stimmen (35,1 Prozent) abgeschlagen auf Platz zwei. Nach seiner Niederlage zog sich Stronach wieder auf seine Unternehmerrolle zurück. Er kandidierte in Kanada nie wieder für ein öffentliches Amt. Coles Progressive Conservative Party fusionierte 2003 mit der Conservative Party of Canada, die heute die Regierung unter Premierminister Stephen Harper stellt.

"Auch wenn es Frank nie öffentlich bekannt hat, weiß ich, dass ihn diese Niederlage tief erschüttert hat", sagt John Cole. Von Stronachs neuer Karriere als Politiker in Österreich hat Cole vor rund einem Jahr von seiner in Deutschland lebenden Tochter erfahren. "Ich gebe zu, ich musste ein wenig lachen. Aber wirklich wundern tut es mich nicht. Eine eigene Partei? Ja, das passt zu Frank." Mit der "Wiener Zeitung" sprach John Cole über den damaligen Wahlkampf, den Charakter seines ehemaligen Gegners und was er österreichischen Politikern raten würde, die Angst haben, Stimmen ans "Team Stronach" zu verlieren.

"Wiener Zeitung": Mr. Cole, haben Sie Frank Stronach gekannt, bevor sie gegen ihn angetreten sind?

John Cole: Ja, wir waren befreundet. Nicht eng, aber doch. Ich war ja lange Zeit in der Lokalpolitik des Wahlkreises aktiv, in dem er einen seinen Wohnsitze hat, und wir haben uns ab und zu über Politik unterhalten. Er hat mir damals klipp und klar gesagt, dass er zunächst Chef der Liberalen Partei und dann Premierminister von Kanada werden will. Ich habe das nicht so wirklich ernst genommen. Frank war immer hoch angesehen als Magna-Chef, aber als Politiker . . . Erst als er seine Kandidatur zur Parlamentswahl 1988 bekanntgab, ist mir klar geworden, dass er es ernst meint. Ab diesem Zeitpunkt hat er, abgesehen von den öffentlichen Debatten, kein Wort mehr mit mir gesprochen. Bis heute.

Was sind Ihre Erinnerungen an den Wahlkampf?

Es war teilweise, nun ja, ein wenig seltsam (lacht). Lassen Sie mich zunächst eines ausdrücklich festhalten: Ich habe große Achtung vor den Leistungen des Unternehmers Frank Stronach. Er ist zweifellos ein in vieler Hinsicht brillanter Mann und vor dem, was er geschaffen hat, kann man nur den Hut ziehen. Aber er ist eben nicht in allen Dingen so brillant, wie er selber glaubt. Aber Frank Stronach denkt und glaubt am Ende des Tages halt immer nur an eines: Frank Stronach. In der Politik muss man aber mit vielen Leuten zusammenarbeiten, um etwas weiterzubringen und dafür ist er nicht der Typ. Er ist das Gegenteil eines Teamplayers.

Inwiefern haben sich diese Eigenschaften im Wahlkampf gezeigt?

Der größte Unterschied war schlicht, dass er Geld hatte und wir nicht. Und nachdem er als Magna-Chef großen Einfluss hatte, hat er all sein Geld und alle seine Beziehungen spielen lassen; um mich fertigzumachen. Ich will nicht ins Detail gehen. Aber er hat hinter den Kulissen definitiv viele Dinge getan, die nicht in Ordnung waren. Nur so viel: Es waren teilweise wirklich abstoßende und rachsüchtige Methoden, derer er sich bedient hat. Aber sei’s drum. Wirklich leidgetan haben mir damals seine Mitarbeiter.

Warum?

Die Botschaft aus der Magna-Zentrale an ihre Arbeiter und Angestellten in unserem Wahlkreis war eindeutig: Wer in den Garten vor seinem Haus nicht eine Wahlwerbung für Stronach steckt, kann sich einen neuen Job suchen. Und das war nur das geringste Mittel, um Druck auszuüben.

Was war Ihre Wahlkampfstrategie?

Wir hatten das alles bis zu einem gewissen Grad so erwartet. Ein Frank Stronach ist es gewohnt, dass er immer alles bekommt, was er will, weil er es kaufen kann - und dementsprechend ist er auch die Politik angegangen. Wir haben darauf gezählt, dass diese Strategie nach hinten losgeht, weil die Leute am Ende vielleicht doch nicht so dumm sind, wie er glaubt. Während er den Wahlkreis zuplakatieren hat lassen, bin ich von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends auf der Straße unterwegs gewesen, habe Hände geschüttelt und mit den Leuten gesprochen. Die Meetings mit meinem Team fanden immer erst nachts statt. Unsere Botschaft war immer dieselbe: Was Politik angeht, fehlt Stronach jegliche Erfahrung und jegliche Fähigkeit. Das haben die Leute verstanden. Nicht zuletzt, weil er uns mit seinem eigenen Verhalten verlässlich in die Hände gespielt hat.