"Wiener Zeitung": Vor fünf Jahren wurde das BZÖ wegen Jörg Haider gewählt. Haben Sie nicht Angst, dass das BZÖ diesmal wegen Jörg Haider gerade nicht gewählt wird, weil in den vergangenen fünf Jahren vieles ans Licht gekommen ist?
Josef Bucher: Ich vertraue darauf, dass die Menschen wissen, welche Politik das BZÖ jetzt macht. Ich bin viel auf der Straße unterwegs - und da ist die Vergangenheit kein Thema.
Trotzdem wird das BZÖ Haider nicht los.
Er ist leider tot. Nur die Journalisten graben ihn immer aus.
Sollte man also einfach einen Schlussstrich ziehen und nur noch nach vorne blicken?
Die Telekom und so weiter, das soll schonungslos aufgeklärt werden. Aber ich habe damit schlicht und ergreifend nichts zu tun.
Sie haben insofern damit zu tun, als Sie Obmann einer involvierten Partei sind.
Ja, aber das sollen die Gerichte aufklären und alle verurteilen, die sich nicht an die Gesetze gehalten haben.
Die Umfragen sehen das BZÖ derzeit nicht im Nationalrat. Stellen Sie sich schon auf ein Leben ohne Politik ein?
Für mich hat es immer ein Leben ohne Politik gegeben - schon bevor ich in die Politik gegangen bin. Aber wir werden sicher im Nationalrat bleiben. Allerdings verstehe ich nicht, warum man die Telekom-Prozesse vor der Wahl durchführt, während bei den Linzer Spekulationen der Richter gemeint hat, ein Prozess vor der Wahl sei für die SPÖ nicht dienlich. Beim BZÖ ist das völlig wurscht. Da ist jedes Mittel recht, um das BZÖ negativ in die Schlagzeilen zu bringen. Aber auch das halten wir aus. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, der Staatsfeind Nummer eins zu sein.
Unterstellen Sie der Justiz, da gezielt vorgegangen zu sein?
Die Justiz müsste das zuerst für sich klären - abgesehen davon, dass man uns eine Million im Wahlkampf raubt.
Die Telekom will vom BZÖ 940.000 Euro. Was bedeutet das für den Wahlkampf?
Das Geld fehlt uns halt in den letzten drei Wochen. Da hätten wir einiges geplant gehabt.
Wie macht man das wett?
Das kann man werbetechnisch nicht wettmachen. Man kann nur auf die Mobilisierung bauen.
Zum Beispiel durch die neuen Köpfe auf der Bundesliste, die Sie vor ein paar Wochen präsentiert haben? Dafür fallen Prominente BZÖler wie Stefan Petzner um ihr Mandat um.
Wenn ich das Bundesmandat annehme, ist er in Kärnten Nummer eins. 2008 war ich nicht auf der Bundesliste, sondern auf der Kärntner Landesliste - jetzt ist es plötzlich ein mediales Riesendrama, wenn er auf der Landesliste quasi Nummer eins ist.
Die Voraussetzungen haben sich etwas geändert.
Nicht in Kärnten. Dort sind wir sicher zweistellig.
Bereuen Sie manchmal, dass Sie das Angebot von Frank Stronach für eine Zusammenarbeit nicht angenommen haben?
Nein, keine Sekunde. Ganz im Gegenteil. Ich würde mich genieren, wenn ich sehe, was in der Stronach-Partei alles abläuft.
Also lieber mit Anstand nicht mehr im Parlament sitzen?
Mit meiner Auffassung ist das jedenfalls nicht vereinbar.
Sie wollen das BZÖ als "moderne Mitte" positionieren. Gerade dort wird es jetzt im Wahlkampf ziemlich eng, denn die Mitte beanspruchen auch ÖVP und Neos. Wo findet man da sein Platzerl?
Es gibt eine alte, anachronistische Mitte - da sitzt die ÖVP. Wir als die moderne Mitte bilden die Lebenswirklichkeit der Menschen ab, etwa in der Familienpolitik. Wir sagen: Patchwork ist Familie.
Sie fordern die Gleichstellung aller Zusammenlebensformen. Wie weit geht das?
Die Homo-Ehe gibt es ja schon. Was das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare angeht, bin ich noch nicht der Meinung, dass das zielführend ist. Das geht mir alles ein bisschen zu schnell. Aber bevor ein Kind in einem Heim aufwächst, ist es wahrscheinlich besser, in einer Art familiären Beziehung zu sein. Aber es sollte nicht so schnell gehen, dass wir alle überfordert werden.
Den Großteil Ihres Wahlprogrammes machen Steuersenkungen und Entlastungen aus: Sie fordern die steuerliche Absetzbarkeit von Unterhaltszahlungen oder einen Kinderabsetzbetrag von 9000 Euro, Steuerbefreiung von Überstunden, Senkung der Mineralölsteuer, Abschaffung der Umsatzsteuer auf Mieten - das ist alles Geld, das dem Staat dann fehlt. Wie soll man das bezahlen?
Unser Konzept besticht durch Einfachheit - und spart dadurch Unmengen an unnötigen Verwaltungskosten. Würde man das Steuersystem vereinfachen, wären mit einem Schlag 4500 Beamte nicht mehr erforderlich. Glauben Sie wirklich, dass ein Steuersystem gut sein kann, wenn wir 600 Ausnahmebestimmungen haben?
Von Verwaltungsreform redet die Politik schon so lange, ist das nicht nur noch ein bloßes Schlagwort?
Das würde ich nicht sagen. 2000 ist es gelungen, die eine oder andere Reform auf den Boden zu bringen und Beamte einzusparen. Aussichtslos ist es nicht. Es ist nur die Frage der Konsequenz. Wenn SPÖ und ÖVP nicht mehr auf über 50 Prozent kommen, können sie nicht mehr die Betonierer der Nation spielen. Wie oft hat Frau Fekter schon von einer einberufenen Steuerreformkommission erzählt - niemand weiß, gibt es die wirklich, wer sitzt da drinnen, wann tagt sie. Wir werden alle nur am Schmäh gehalten.