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ÖVP leidet an Spendenfreude

Von Reinhard Göweil

Politik

Neue Spendenflüsse und Zuwendungen an "berüchtigte" Media Select bringen Volkspartei ins Schwitzen.


Wien. 114.209 Euro gingen von der Post AG an ein Konto der Werbeagentur Media Select, für "ÖVP Wien". Das berichtet das Magazin "News" in seiner aktuellen Ausgabe. Die Post bestätigt die Zahlung, die Volkspartei habe Umsatzschwellen überschritten. Und: Der oberösterreichische Industrielle Hans Asamer hat im Jahr 2005 an die ÖVP 500.000 Euro gespendet, die so nicht im Rechenschaftsbericht der Partei auftauchen. Asamer bestätigt die Zahlung.

ÖVP spricht von"alten Hüten"

Der ehemalige ÖVP- und Telekom-Mitarbeiter Michael Fischer, der als Geschäftsführer der Media Select beurlaubt ist, habe zudem - so "News" - die ÖVP-Spitze der Jahre 2005 und 2006 bei der Staatsanwaltschaft belastet: Geldzusagen seien "grundsätzlich" an den ÖVP-Generalsekretär, den Finanzreferenten und den Parteiobmann gegangen. Parteiobmann war zu dieser Zeit Wolfgang Schüssel, Generalsekretär war Reinhold Lopatka. 2005 und 2006 sollen mittels Scheinrechnungen Gelder von der Telekom, den Lotterien und der Raiffeisen Oberösterreich an die Agentur Media Select geflossen sein, die dann für ÖVP-Kampagnen verwendet worden sein sollen.

Die ÖVP will diese "alten Hüte", wie sie es nennt, nicht kommentieren. Die politischen Mitbewerber dafür umso lieber. Vor allem Politiker der Grünen kritisieren die Geldflüsse an die Volkspartei.

Wobei Media Select nicht die einzige Agentur ist, die mit Zuwendungen an die ÖVP auffällig geworden ist. Auch die Werbeagentur Headquarter kam in die Schlagzeilen, weil sie via Innenministerium und Tirol von ÖVP-Politikern mit Millionen-Aufträgen versorgt worden war. Das wurde auch vom Rechnungshof kritisiert.

Den Eigentümern der Media Select ist die Sache überaus unangenehm. Die nun als Media.at auftretende Gesellschaft gehört der A1-Telekom, der Bawag/PSK, den Lotterien und der Post AG. Sie schaltet die Inserate für diese Unternehmen und bringt dank des großen Volumens in Medien entweder mehr oder günstigere Inserate unter.

Im Jahr 2012 machte Media.at einen Umsatz von 138 Millionen Euro, 131 Millionen Euro davon waren bloße Durchläufer, also nur für Auftraggeber gebucht.

Fischer, der sich nach wie vor auf die Unterstützung der ÖVP verlassen kann, fungiert dort bis heute als Geschäftsführer. Peter Karst, Marketingchef der Bawag/PSK, ist Aufsichtsratspräsident. Er sagt dazu: "Herr Fischer ist beurlaubt. Wir kennen die Vorgänge und haben 2012 auch eine interne Überprüfung gemacht. Daher glauben wir, dass alles auf dem Tisch liegt. Und ich habe als Aufsichtsratsvorsitzender mit allen Beteiligten persönlich gesprochen."

Fischer habe derzeit - so ist zu hören - ein "eingeschränktes Tätigkeitsgebiet" und laut einer internen Vereinbarung keine Zeichnungsberechtigung mehr für die Firmenkonten. "Es gilt auch für ihn die Unschuldsvermutung, mehr will ich dazu nicht sagen", erklärt Karst. Auch bei der Telekom und den Lotterien glaubt man, alle Vorgänge zu kennen, in der jüngeren Vergangenheit habe es nichts Derartiges mehr gegeben. "Das kommt nicht mehr vor", so der Tenor. Immerhin ist Lotterien-Chef Fritz Stickler in der Media.at, der Muttergesellschaft von Media Select, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender.

"Geld kam nie

direkt zur ÖVP"

"Die Media Select hat über Umwege Geld für die ÖVP eingesammelt und später bei der Buchung für Plakatwände und andere Werbeträger gegengerechnet. Das Geld kam zwar werbetechnisch der Volkspartei zugute, das Geld ist aber nie bis in die ÖVP gelangt", erläutert ein Werbeexperte unter Zusicherung der Anonymität im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Was die Spende des Unternehmers Asamer an die ÖVP betrifft, so ist dazu zu sagen, dass Parteispenden von Unternehmen - sofern sie nicht mehrheitlich im Besitz der Republik Österreich stehen - grundsätzlich erlaubt sind. Auch mussten bis zum Transparenzgesetz 2012 die Großspender einer Partei im Rechenschaftsbericht nicht namentlich genannt werden. Es reichte eine Mitteilung an den Präsidenten des Rechnungshofes.

Es handle sich um einen "völlig gesetzeskonformen Vorgang", heißt es dazu aus der ÖVP-Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse. "Diese Spenden wurden als ,Ziffer-2-Spenden‘ von Firmen der Asamer Gruppe abgewickelt und sowohl im jeweiligen Rechenschaftsbericht als auch im Schreiben an den Rechnungshof der jeweiligen Jahre veröffentlicht."