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Politische Bildung: Erste Hausaufgabe für den Bildungsminister

Von Bernhard Winkler

Politik
Bernhard Winkler ist Journalist und Autor. Zuletzt erschienen: "So nicht! Anklage einer verlorenen Generation" (Kremayr & Scheriau 2013). Diesen Text verfasste er für Denkt.at. Diesen und weitere Texte finden Sie im Internet unter www.denkt.at.

Nach der Senkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre müssen endlich auch im Schulunterricht weitere Schritte folgen.


Kommt die Politik der Forderung nach einem eigenen Schulfach "Politische Bildung" nicht nach, weil sie gut informierte junge Bürger fürchtet? Der oder die neue Bildungsminister/in hat die Chance, das Gegenteil zu beweisen.

Die beiden großen Schülerorganisationen fordern es, die Jugendorganisationen der Parteien auch, die Bundesjugendvertretung sowieso, und einige Parteien hatten diesen Punkt in ihrem Wahlprogramm. Selten sind sich in der Politik so viele Gruppen einig.

Und doch verlaufen deren Bemühungen im Sand. Als im Jahr 2007 das aktive Wahlalter in Österreich auf 16 Jahre gesenkt wurde, konnte man das wohlwollend als den ersten Schritt der Regierung interpretieren, junge Menschen stärker in die Tagespolitik miteinzubeziehen. Ein erster Schritt, auf den weitere hätten folgen müssen, um dem Vorhaben die nötige Ernsthaftigkeit zu geben. Sechs Jahre später warten wir immer noch auf sie. Die Politik gab den Jugendlichen ein Werkzeug für mehr Mitbestimmung in die Hand und enthielt ihnen die Betriebsanleitung vor. Wollte sich die Politik lediglich gut dressierbares junges Stimmvieh heranzüchten?

Das Büro der noch amtierenden, aber im Abgang begriffenen Bildungsministerin hat immer wieder darauf verwiesen, dass es zwar kein eigenes Fach "Politische Bildung" gebe, dafür aber das "Unterrichtsprinzip politische Bildung". Es stelle sicher, dass "Lernangebote, die zum politischen Denken und Handeln befähigen", fächerübergreifend geschaffen würden. So fänden sich entsprechende Inhalte etwa in den Lehrplänen des Geschichte-Unterrichts. Eine "punktuelle Änderung des Fächerkanons" erscheine "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zweckmäßig", hieß es im April als Antwort auf eine Bürgerinitiative, die knapp 1200 Unterschriften für die Einführung des Schulfachs "Politische Bildung" ab der 7. Schulstufe gesammelt hatte.

Felix Wagner, Bundesschulsprecher 2012/13 , findet die Argumentation "realitätsfern; für aktuelle politische Themen bleibt schlicht und einfach keine Zeit". Er und seine Vorgänger hätten bereits versucht, dies der Bildungsministerin in persönlichen Gesprächen klarzumachen. Diese sperrte sich aber immer aus Prinzip gegen das neue Schulfach, da es ihr angesichts der Diskussion über die Einführung eines Ethik-Unterrichts

und der täglichen Turnstunde mit den neuen Fächern schon reiche. Wagner ist überzeugt: "Die Schüler wünschen sich nicht nur mehr Informationen über Politik, sondern auch mehr Diskussionen darüber. Sie möchten Zusammenhänge erkennen und Hintergründe erfahren."

Im September hat Wagner die Agenden an seine Nachfolgerin Angi Groß übergeben. Deren erste Amtshandlung: Sie lud zur Antrittspressekonferenz und schrieb der Politik ihre wichtigste Forderung ins Mitteilungsheft: "Politische Bildung" ab der 7. Schulstufe im Ausmaß von zwei Wochenstunden.

Merke: Die ach so politikverdrossene Jugend sehnt sich nach mehr politischer Bildung.

Liebe/r Bildungsminister/in in spe: Betrachten Sie das als Ihre erste Hausaufgabe.