
Wien. (kle) Helmut Mödlhammer, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, sieht sich als "glühenden Föderalisten". Als solcher appelliert er an die nächste Regierung, den Gemeinden nach dem Schweizer Vorbild mehr Eigenverantwortung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben einzuräumen.
So etwa bei der Kinderbetreuung, wo Mödlhammer den Wildwuchs an "überzogenen und nicht kindgerechten Regeln" beklagt, die Bund und Länder für die Gemeinden festlegen. "Wir haben zu viele Regeln, daran krankt’s", kritisiert der Gemeindebund-Chef. "Das hilft keinem Kind und keinem Elternteil."
Grundsätzlich ist Mödlhammer auch dafür, die überwiegend kleinteilige Gemeindestruktur in Österreich beizubehalten. Kleine, überschaubare Einheiten würden besser funktionieren als große. Dass das Zusammenlegen von Gemeinden (wie in der Steiermark) nennenswerte Einsparungen in der Verwaltung bringe, stellt Mödlhammer in Abrede.
"Das wird nicht billiger", sagte er am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Seine Begründung: Je größer eine Gemeinde ist, desto mehr Verwaltungspersonal braucht sie auch. Rein statistisch kämen auf 1000 Einwohner bei Gemeinden bis 2500 Einwohner acht Verwaltungsmitarbeiter, bei Gemeinden von 10.000 bis 20.000 Einwohnern 15 und bei Gemeinden ab 20.000 Einwohner bereits 20 Verwaltungsbedienstete.
"Das macht rebellisch"
"Das Vertrauen der Menschen in ihre Gemeinde ist in keinem europäischen Land so groß wie in Österreich", so Mödlhammer. Zwingt man Gemeinden ohne Defizit, mit schwächeren Gemeinden zusammenzugehen, so "macht das die Menschen rebellisch". Wie berichtet, haben die beiden Großparteien ÖVP und SPÖ in den steirischen Fusionsgemeinden bei der Nationalratswahl zum Teil verheerend abgeschnitten. Vom Ausmaß des Frusts war selbst Mödlhammer überrascht: "Niemand hat damit gerechnet. Aber offensichtlich hatten die Menschen das Gefühl, dass man über sie drüberfährt." Nachsatz: "In der Steiermark würde ich zurzeit keine Landtagswahl machen."
Seine liebe Not hat Mödlhammer mit der 2012 in Kraft getretenen Eisenbahnkreuzungsverordnung. Als Interessenvertreter von insgesamt 2354 Gemeinden wettert der ÖVP-Kommunalpolitiker, der übrigens Bürgermeister von Hallwang (Salzburg) ist, gegen die Verfügung, dass die Gemeinden die Hälfte der Gesamtkosten von 1,5 Milliarden Euro für die technische Aufrüstung und Sicherung von Bahnübergängen tragen müssen. "Das trifft die Gemeinden hart und überfordert sie finanziell", gibt Mödlhammer zu bedenken. Er spricht von einem "casus belli". Rechtliche Schritte gegen die Verordnung hat der Gemeindebund bereits eingeleitet - und zwar mit einer Feststellungsklage beim Verfassungsgerichtshof.
Im Verkehrsministerium weist man die Kritik des Gemeindebundes zurück. Die Eisenbahnkreuzungsverordnung ändere an der Kostenaufteilung zwischen Straßenerhaltern und Bahninfrastrukturunternehmen gar nichts, heißt es. "Das ist im Eisenbahngesetz festgelegt und spiegelt die gemeinsame Verantwortung für die Sicherheit auf der Kreuzung wider."
Überschüsse 2011 und 2012
Was die Finanzen betrifft, hätten die Gemeinden das "Maastricht-Ziel immer erfüllt", so Mödlhammer. 2009 und 2010 habe es zwar ein Defizit gegeben, aber 2011 und 2012 Überschüsse von 420 bzw. 480 Millionen Euro. Alles in allem geben die Gemeinden jährlich 17 Milliarden Euro aus. "Sie nehmen das aber auch wieder ein", betont Mödlhammer. Der Schuldenstand lag zuletzt bei 4,3 Milliarden Euro, mit Wien und den ausgelagerten Gesellschaften (Kanal- und Wasserbau) bei 11,4 Milliarden.