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Über die Wiener Krowoten

Von Stephanie Schüller

Politik
Seri æ liest gerne aus seinem Buch - schließlich ist es angeblich das erste, das die Geschichte der Kroaten in Wien beschreibt.
© Petar Tyran

Neues Buch nimmt sich der Geschichte der Kroaten in Wien an.


Wien. Am ersten Juli dieses Jahres ist Kroatien der Europäischen Union beigetreten. Das brachte nicht nur Veränderungen für das Land selbst, sondern auch für all jene, die mit Kroatien Geschäfte machen oder Firmensitze in diesem Land haben. Also auch für Österreich. Doch wie viel wissen wir als Bürger eigentlich über das neue EU-Mitglied und was für eine Rolle spielten die Kroaten in der Geschichte der Wiener Stadtentwicklung?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich der in Wien lebende Arzt Josip Serić seit fast 20 Jahren. Er wurde 1948 in Baka auf der kroatischen Insel Krk geboren und lebt seit 1988 in Wien. Schon als Schüler interessierte er sich für die Geschichte seines Heimatlandes: "Mit 13 war ich für eine Schülergenossenschaft Fremdenführer auf der Insel Krk. Ich habe einen Kurs bei unserer Geschichte-Lehrerin gemacht, das waren meine Anfänge. Später war ich als Student Mitbegründer des Heimatmuseums und dann Terrainführer für Archäologen", erzählt Serić, ohne überlegen zu müssen.

Veröffentlichungen ab 1996

Er kann sich an alles ganz genau erinnern. Im Jahr 1996 habe er dann angefangen, sein Wissen zu teilen und in Artikeln zu veröffentlichen: "Ich habe ganze Artikelserien in der burgenlandkroatischen Zeitung ,Hrvatske Novine‘ geschrieben und dutzende Einzelartikel in 17 Jahren." Außerdem habe er für die Ausstellung "Wir über die Besiedelung Wiens" im Wien Museum einen Text zum Thema "Kroaten in Wien" verfasst. Vorher habe sich nie wirklich jemand mit der Geschichte der Wiener Kroaten beschäftigt: "Die Burgenländer haben auch nichts von der Geschichte der Kroaten in Wien und den Krowotendörfern gewusst. Von mir hat man das dann zum ersten Mal gehört", so Serić .

Obwohl die Kroaten seit hunderten von Jahren ein Teil dieser Stadt seien, hätte sich nie jemand für deren Leben interessiert, nicht einmal die Kroaten selbst: "Sie waren zu Hunderten, zu Tausenden in Wien. Sie haben hier studiert, sie haben hier jahrelang gelebt. Und keiner hat sich mit der Stadt selbst und mit den Kroaten in Wien beschäftigt. Jeder hat sein eigenes Süppchen gekocht an der Uni, an verschiedenen Instituten und in sonstigen Institutionen. Sie arbeiteten an den Aufgaben, die ihnen gestellt wurden. Kein Mensch hat sich für die Kroaten in Wien interessiert, deswegen ist darüber auch nie etwas geschrieben worden."

Nämlich so lange, bis Serić anfing, Artikel zu veröffentlichen und so der Carl Gerold’s Sohn Verlag schlussendlich auf den publizierenden Arzt aufmerksam wurde. Schon länger habe man laut Verlags-Geschäftsführerin Brigitta Umstätter nach einem Autor für ein solches Buch gesucht: "Einer der Schwerpunkte unseres Verlages ist Geschichte und Politik. Und einer meiner Mitarbeiter, Herr Ellenbogen, ist auch selber Kroate. Wir sind sehr interessiert am neuen Europa, an Wien und auch an Völkerverständigung, an Völker verbindenden Themen. Wir glauben, dass je besser man die Geschichte kennt, man auch die Gegenwart besser versteht und das einfach zur Verständigung beitragen kann."

Mit dem EU-Beitritt Kroatiens sei das Thema mehr in den Mittelpunkt gerückt: "Das hat sich glücklich gefügt, dass die Idee im Verlag schon länger da war und mit dem Autor Josip Serić jemand gefunden wurde, der sich mit dem Thema schon sehr lange beschäftigt."

500 Jahre Kroaten in Wien

In dem 125 Seiten langen Werk mit dem Titel "Kroatisches Wien-Hrvatski Bec" widmet sich Seric der 500-jährigen Geschichte der Kroaten in Wien, vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart, mit vielen bisher unbekannten Details. Er ist sich sicher: "Jeder kann in diesem Buch etwas finden, das er nicht weiß."

Mit jedem Buch wolle man, so Seric, etwas Gutes tun. Er wolle mit seinem zu Papier gebrachten Wissen zu einem besseren Verständnis der Österreicher gegenüber den Kroaten beitragen.

Denn Kroate sei nicht gleich Kroate: "Manche fühlen sich vielleicht fremd in dieser Stadt, wenn sie nicht gut Deutsch gelernt haben, wenn sie keine zufriedenstellende Arbeit haben oder sie aus einem anderen Grund unzufrieden sind. Die Eliten sind zufrieden, ihnen geht es besser und sie finden sich besser zurecht. Jeder hat eine eigene Beziehung zur Stadt Wien und zu den Wienern. Es sind nicht alle gleich, man kann sie nicht alle über einen Kamm scheren. Es entstehen keine richtigen Parallelgesellschaften wie bei anderen Nationen, die Kroaten sind vielleicht etwas besser angepasst oder integriert. Trotzdem ist es nicht reibungslos, es gibt bestimmt auch Probleme." Zu deren Beseitigung Serić ein wenig beitragen will.