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Erst wissen, dann wählen

Von Alicia Prager

Politik

Breites Jugendbündnis fordert eigenes Schulfach Politische Bildung.


Wien. Sie dürfen zwar schon mit 16 wählen - über die Politik im Land fühlen sich Österreichs Jugendliche allerdings zu wenig informiert. Ein breites Bündnis von 34 Jugend- und Schülerorganisationen sowie der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) forderte daher am Donnerstag die Einführung eines eigenen Schulfaches Politische Bildung bereits in der Pflichtschule.

"Studien zeigen, dass man eher wählen geht und partizipiert, wenn man sich gut informiert fühlt", sagte Johanna Tradinik, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung (BJV). "Man sagt immer, Jugendliche seien politikverdrossen. Aber das stimmt nicht", ergänzte Bundesschulsprecherin Angi Groß und verwies auf eine aktuelle Umfrage, wonach sich 83 Prozent der 1200 Befragten die Einführung des Schulfaches Politische Bildung wünschen.

Derzeit wird Politische Bildung in verschiedenen Unterrichtsfächern, von Geschichte bis Recht, mitunterrichtet. Seit 1978 ist sie zudem als eines von zwölf Unterrichtsprinzipien verankert. In der Schweiz verhält es sich ähnlich, in Deutschland hingegen ist der Politischen Bildung seit den 60er Jahren ein eigenes Schulfach gewidmet.

"Neues Schulfach braucht eigene Lehrerausbildung"

In welchem Ausmaß Politische Bildung künftig in Österreich unterrichtet werden soll, steht laut Initiatoren zwar noch nicht fest. Wesentlich sei jedoch, dass es sich um eigenes Schulfach handelt, das nicht im Frontalunterricht, sondern interaktiv abgehalten wird. Zusammenhänge von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, kritisches Reflektieren und Medienkompetenz sollen Schwerpunkte sein. Man müsse den Jugendlichen das Rüstzeug mitgeben, damit sie lernen können, wie man Demokratie und Gesellschaft mitgestalten kann und sie motivieren, zu partizipieren.

Damit Lehrer der großen Herausforderung gewachsen seien, das Interesse der Schüler zu wecken und ihnen möglichst unparteiisch politische Kompetenzen zu vermitteln, brauche es künftig auch eine eigene Lehrerausbildung, forderte der ÖH-Vorsitzende Florian Kraushofer (Fachschaftslisten, FLÖ). Im Rahmen des Geschichte-Lehramtsstudiums sei nur ein winziger Anteil Politischer Bildung gewidmet. Da diese auch Unterrichtsprinzip ist, müsse sie künftig in allen Lehramtsstudien vorkommen.

Bedenken, dass Lehrer mit dem Unterrichten von Politischer Bildung Schüler stark beeinflussen könnten, wird nicht als Argument gegen den Ausbau gesehen. Tradinik sagt: "Es ist eine Sorge der Lehrer, wie sie ihre Meinung aus dem Unterricht heraushalten. Dafür braucht es eine gute Ausbildung. Wenn Lehrer ihre Meinung durchbringen möchten, können sie das auch in anderen Fächern. Das ist nicht nur auf Politische Bildung beschränkt."

Politische Bildung betreffe nicht nur die Schule. Auch Kinder-, und Jugendorganisationen sollen laut Tradinik einbezogen werden. Diese bieten Raum für das spielerische Erlernen sozialer Kompetenzen. "Politische Bildung braucht offene Türen. Es muss eine Kooperation zwischen schulischer und außerschulischer Politischer Bildung geben", sagte die BIV-Vorsitzende.

Der Start der Initiative genau jetzt sei bewusst gewählt. "Koalitionsverhandlungen sind ein guter Zeitpunkt für Veränderung", so Tradinik. Alle Parteien hätten sich positiv dazu geäußert. Da das Thema Teil der Koalitionsverhandlungen ist, wollte sich das Unterrichtsministerium auf Anfrage der "Wiener Zeitung" allerdings nicht näher dazu äußern.

Streikdrohung gegen Zentralmatura aufrecht

Ebenfalls am Donnerstag ließ die Bundesschülervertretung auch zum Thema Zentralmatura erneut aufhorchen: Ihre Streikdrohung sei selbst nach einem Treffen mit Vertretern des Bundesinstituts für Bildungsforschung am Mittwoch aufrecht. Diese hätten sich zwar verständnisvoll gezeigt - die Entscheidung liege aber beim Unterrichtsministerium, so Bundesschulsprecherin Groß. Spätestens am 6. Dezember soll eine Entscheidung gefallen sein.