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Die ungewollten Geschichten

Von Stephanie Schüller

Politik
Eine Stunde Programm gegen den Mainstream. Womenonair

Freie Radiomacherinnen engagieren sich "on air" für Integrationsthemen.


Wien. Was man gerne macht, macht man gut, heißt es. Was man noch dazu freiwillig macht, macht man besser? Möglich. Ein Beispiel für ein engagiertes, freiwilliges Projekt ist jedenfalls die Radiosendung "Globale Dialoge", welche von Radio Orange in Kooperation mit der Zeitschrift "Frauensolidarität" gestaltet wird. Freie Radiomacherinnen, die "women on air", produzieren seit 2005 Beiträge für die Sendung. Verdienen daran aber nichts.

"Wir behandeln Themen, die bei kommerziellen Radiostationen zu kurz kommen", erklärt Verena Bauer. Sie ist seit drei Jahren dabei und selbst Radiomacherin und Projektkoordinatorin. 2013 lag der Schwerpunkt auf Themen wie Migration, Entwicklung und Frauenrechte. "Es ging um Migrantinnen und um die Frage, ob Migration zur Emanzipation führt. Doch dem ist nicht so, weil Frauen in den Ländern, in die sie emigrieren, dann oft in Berufen arbeiten müssen, für die sie eigentlich überqualifiziert sind", erzählt Bauer von ihren Gesprächen mit Betroffenen. In wieder anderen Sendungen ging es um das Wahlrecht für Asylwerber, die seit Jahren in Österreich leben, aber Gesetze des Landes nicht mitbestimmen können. Auch das Recht auf Arbeit für Asylsuchende ist Thema in den Sendungen. 2014 soll der thematische Schwerpunkt der Beiträge laut Bauer auf dem Thema Wirtschaft liegen.

Vielfach ausgezeichnet

Um möglichst viele verschiedene Themenaspekte und Bevölkerungsgruppen in den Sendungen zu behandeln, ist die Redaktion bunt zusammengewürfelt: "Bei uns arbeiten Frauen mit den verschiedensten kulturellen Hintergründen. Sie kommen beispielsweise aus Italien, Spanien oder Kroatien", sagt Bauer. So würden auch viele unterschiedliche Sprachen abgedeckt. Engagement und Ideen müssen die Mitarbeiterinnen von sich aus in die Redaktion mitbringen. Bauer selbst hat Kultur- und Sozialanthropologie studiert und Internationale Entwicklung als Wahlfach belegt. "Das Interesse war bei mir also von Anfang an gegeben", sagt sie.

Interesse schön und gut, doch wie motiviert man sich selbst, immer wieder sehr viel Zeit und Mühe in unbezahlte Arbeit zu stecken? Die Radiomacherin muss nicht lange überlegen, um eine Antwort auf diese Frage zu finden: "Weil ich viele interessante Frauen und andere Lebensrealitäten kennenlerne."

Im Mainstream Radio sei das Interesse für so ein Arbeiten nicht da. "Da geht alles zu schnell und es ist keine Zeit, jede Woche eine einstündige Sendung mit einem Gast zu machen", sagt Bauer. Bauer freue sich auch immer wieder über persönliches Feedback: "Meistens passiert das, wenn ich Leute treffe. Oder Bekannte schicken mir eine SMS, wenn sie eine Sendung toll fanden. Seit kurzem haben wir auch eine Facebook-Seite. Da kann man durch die Likes sehen, wie eine Sendung ankommt." Doch auch von offizieller Seite gab es für die "women on air" schon öfter ein Zeichen der Anerkennung. Insgesamt fünf Mal waren die "Globalen Dialoge" für den Radiopreis der Erwachsenenbildung nominiert, drei Mal hat die Sendung ihn tatsächlich gewonnen.

2011 wurde die Arbeit der Frauen mit dem Alternativen Medienpreis der Nürnberger Medienakademie ausgezeichnet. Das Team kooperiert auch mit anderen, freien Radiosendern. Radio Agora, Freirad Innsbruck, Radio Helsinki Graz und Proton senden die "Globalen Dialoge".

Offene Redaktion

Doch das Projekt lebt natürlich nicht allein von Luft und Liebe. Gefördert wird die Sendung von der Austrian Development Agency (ADA), der Österreichischen Hochschülerinnenschaft sowie der katholischen Frauenbewegung. Derzeit produzieren ungefähr 15 bis 20 Frauen regelmäßig Sendungen. So genau lässt sich das nicht sagen, denn: "Es herrscht eine starke Fluktuation", erklärt Bauer. Mitmachen kann eigentlich jeder. Auf der Homepage www.noso.at lädt die Redaktionsgruppe zur Redaktionssitzung ein. "Wir sind eine offene Redaktionsgruppe und treffen uns einmal im Monat. Jeder kann mitmachen. Interessierte können den Einstiegsworkshop bei Radio Orange machen", erklärt Bauer. Auch die Redakteurinnen selbst gestalten immer wieder Workshops für neue Mitarbeiterinnen. Hierbei werden sie von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) gefördert. Gesendet werden die "Globalen Dialoge" auf Radio Orange jeden Dienstag, von 13 bis 14 Uhr.

Vergangenen Samstag wurde die Jahres-CD 2013 mit dem Schwerpunkt "Migration und Entwicklung" im Lokal "Au", in der Brunnengasse im 16. Bezirk, präsentiert. Die Beitragsgestalterinnen waren vor Ort, es gab die Möglichkeit, mit ihnen über die behandelten Themen zu diskutieren. Mit einer Lesung und Musik zog sich das Programm bis in die Nacht. Reinhören kann man in die Arbeit der Radiomacherinnen jederzeit: "Man kann die Sendungen online streamen und sich die alten CDs im Archiv anhören", sagt Bauer. Kostenlos, versteht sich.