Wien. (zaw/apa) Bis 2018 will die Bundesregierung das Pensionsantrittsalter von derzeit 58,4 auf 60,1 Jahre erhöhen. Die Folgen eines steigenden Pensionsalters zeigen sich allerdings schon jetzt: Die Zahl der Arbeitslosen über 50 hat sich im Dezember gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent erhöht. Insgesamt stieg die Zahl der Jobsuchenden um 11,9 Prozent. Gleichzeitig sind so viele Menschen in Beschäftigung wie noch nie.

Im Jahresschnitt waren 2013 in Österreich 3,482 Millionen Menschen unselbständig beschäftigt, das sind um 16.000 mehr als 2012. Allerdings stieg die Zahl der beim Arbeitsmarktservice arbeitslos vorgemerkten Personen um 38.298 auf 361.279 (mit jenen in Schulung sind es sogar 428.143). Im Dezember lang die Arbeitslosenquote damit bei 9,5 Prozent. Aufs Gesamtjahr geschätzt beträgt die Quote 7,6 Prozent - in der Zweiten Republik war sie nur 1953 mit 8,7 Prozent noch höher, in absoluten Zahlen noch nie. Daran wird sich wohl auch nichts ändern, AMS-Vorstand Herbert Buchinger rechnet in den nächsten Jahren mit "keinem substanziellen Rückgang".

Die Diskrepanz zwischen Rekordbeschäftigung und Rekordarbeitslosigkeit erklärt Sozialminister Rudolf Hundstorfer mit drei Entwicklungen: "Allmählich steigendes Pensionsalter, weiter zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen und zusätzliche Arbeitskräfte aus anderen EU-Mitgliedsstaaten haben 2013 in Summe dazu beigetragen, dass im Jahresmittel um 43.000 mehr Personen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt aufgetreten sind." Dieser Trend wird auch anhalten, schließlich haben seit 1. Jänner auch Rumänen und Bulgaren freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt, zudem sind seit Mittwoch auch neue Regelungen bei Hackler-, Invaliditäts- und Korridorpension in Kraft, um die Zahl der Frühpensionisten zu senken.

Frauen stärker betroffen

Kurioserweise ist die Arbeitslosigkeit gerade in den Branchen am stärksten gestiegen, die die meisten zusätzlichen Beschäftigten aufweisen. So stehen im Gesundheits- und Sozialwesen 3000 zusätzliche Beschäftigte einem Arbeitslosenanstieg von 17,9 Prozent gegenüber. Ähnlich sieht es im Handel (2700/15,6 Prozent) und im Tourismus (4000/13,7 Prozent) aus. Weil das Branchen mit einem traditionell hohen Frauenanteil sind, stieg auch die Zahl der arbeitslos gemeldeten Frauen mit 13,5 Prozent überdurchschnittlich, während der Anstieg bei Männern nur 10,9 Prozent betrug.

Den höchsten Anstieg an Arbeitslosen gab es bei Personen über 50. Hier hat sich die Zahl der beim AMS gemeldeten um fast ein Viertel erhöht. "Die Politik stellt zunehmend den Anspruch, dass die Leute erwerbstätig sein sollen", sagt AMS-Vorstand Herbert Buchinger im ORF-Radio, "und das geht halt zumindest vorübergehend einher mit höherer Arbeitslosigkeit." Durch die Neuregelung vor allem der Invaliditätspension erwartet auch Sozialminister Hundstorfer, dass "mehr ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Personen nach neuen Chancen suchen. Diesen Personen wird es besonders gelten, entsprechende Unterstützung zu geben."

Junge als Lichtblick


So gibt es für Arbeitslose ab 50 das Programm "Reife Leistung", über das Firmen vom AMS bis zu einem Jahr lang die Hälfte der Lohnkosten und Lohnnebenkosten ersetzt wird. Bei Non-Profit-Unternehmen sind es zwei Drittel. Bis Ende 2014 stehen dafür 40 Millionen Euro zur Verfügung.

Als wichtigen Schlüssel sieht Hundstorfer aber auch die Weiterbildung der Arbeitslosen. 47 Prozent der beim AMS gemeldeten haben nur einen Pflichtschulabschluss, also keine konkrete Berufsausbildung. Hier gelte es, die Arbeitslosigkeit zu nützen, um Qualifikationen nachzuholen.

Etwas zwiespältig zeigt sich die Situation bei den Jugendlichen. Zwar ging die Zahl der arbeitslosen 15- bis 19-Jährigen um 1,2 Prozent zurück (als einzige Altersgruppe), gleichzeitig gab es aber auch um 12,7 Prozent weniger offene Lehrstellen als noch 2012. Für ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz ist diese Situation "bedenklich". Es sei "inakzeptabel, dass sich die Unternehmen zurücklehnen, dem Staat die Lehrlingsausbildung und damit auch die Kosten dafür überlassen, und am Ende von den ausgebildeten Fachkräften profitieren".

Die Industriellenvereinigung fordert hingegen eine Senkung der Arbeitszusatzkosten. Das wäre laut Generalsekretär Christoph Neumayer "wachstumssteigernd und beschäftigungsfördernd".