Wien. "Ihr Hausarzt empfiehlt: Raus aus Elga." Sätze wie dieser sind auf jenen Plakaten und Flugblättern zu lesen, die in den nächsten Tagen in allen 3850 Hausarzt-Praxen Österreichs verteilt werden sollen. Sie sind Teil einer soeben gestarteten, österreichweiten Kampagne des Hausärzteverbandes für eine Abmeldung von der Elektronischen Gesundheitsakte Elga. Die zentralen Gründe: Das extrem teure System sei unausgereift und zum Scheitern verurteilt.

Vor allem aber befürchten die Hausärzte Datenmissbrauch und halten die Tatsache, dass jeder von vorneherein bei Elga mitmachen und sich aktiv abmelden muss (Opting-out-Regelung), für verfassungswidrig, was auch Verfassungsjurist Heinz Mayer bestätigt. Bei Elga werden sämtliche Daten von Befunden bis hin zur Medikation der Versicherten elektronisch gespeichert. Gesundheitsminister Alois Stöger sowie der Hauptverband der Sozialversicherungsträger weisen sämtliche Kritik zurück und wollen nun Aufklärungsarbeit leisten.

"Ärztliche Schweigepflicht ist Geschichte"

Seit Jahresbeginn ist das Elga-Portal abrufbar, und somit ist es auch möglich, sich abzumelden. Bereits 27.000 Menschen haben laut Hausärzteverband ein Formular zur Abmeldung angefordert (online und auf dem Postweg), Abmeldungen gab es rund 1800.

Der Präsident des Hausärzteverbandes, Christian Euler, betonte zwar am Donnerstag, dass man keinen Druck ausüben wolle. Sein Verband sehe aber eine Aufklärungspflicht gegenüber den Patienten. "Seit Jahresbeginn können wir den Patienten keine Vertraulichkeit mehr garantieren", sagte er. Die ärztliche Schweigepflicht wäre Geschichte. "Wir fürchten den legalen Gebrauch sensibler Daten durch Ämter und Behörden", so Euler. Und zwar einer chaotischen Ansammlung von Daten, abrufbar durch das Einstecken der E-Card. Eine Suchfunktion gebe es nicht - und somit keinen Mehrwert für die behandelnden Ärzte.

In diesem Punkt steht die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) hinter den Hausärzten, die eine kleine Fraktion innerhalb der ÖÄK darstellt. "Wir unterstützen voll und ganz, dass die Bürger über mögliche Nachteile informiert werden sollen", hieß es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". "Aber wir wollen die Patienten nicht instrumentalisieren."

Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie Niedergelassener Ärzte in der ÖÄK, konkretisierte: "Elga ist IT-technisch Steinzeit, verschlingt aber Unmengen an Steuergeldern. Daher bleiben die Bedenken der ÖÄK gegenüber Elga in der vorliegenden Form aufrecht." Als Negativ-Beispiele führen die Ärzte Großbritannien und Deutschland an, wo ähnliche Modelle Milliarden verschlungen haben - und schließlich ad acta gelegt worden sind, weil das Konzept nicht aufging. In Österreich kostet die Errichtung von Elga bis zur flächendeckenden Einführung 2016 laut Ministerium einige Millionen Euro - die Hausärzte halten diese Zahl allerdings für zu niedrig und sprechen schon jetzt von einem Milliardengrab.