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Durch den Bühneneingang

Von Bettina Figl

Politik

Friseurlehrlinge machen Journalismus: Das Medienprojekt "Schnittstelle" der "Wiener Zeitung".


Pressekonferenz beim dritten Termin des Medienprojekts mit der "Wiener Zeitung": Star-Friseure standen den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort.
© Moritz Ziegler

Wien. Wenn Karl Josef Plasils Mitarbeiter über die Türschwelle seines traditionsreichen Wiener Friseursalons Ossig treten, stellen sie sich vor, sie würden durch einen Bühneneingang schreiten. Wenn Katharina Strassl mit ihren Lehrlingen wie so oft abends - außerhalb der Arbeitszeit und unbezahlt - Strähnchen färbt und Locken wickelt, bestellt sie Pizza für ihre Schützlinge. "Wenn ich etwas Besonderes erreichen möchte, muss ich etwas Besonderes leisten", sagt Hans Bundy, und sein Bruder Georg ergänzt: "Es ist wichtig, eine Vision zu haben. Meine Vision war es, der beste Friseur Österreichs zu werden." Sie kamen, frisierten, und siegten: Die Gebrüder Bundy gewannen 1962 die Friseurweltmeisterschaft, heute ist "Bundy Bundy" Inbegriff der Spitzen-Coiffeurie. Gemeinsam mit weiteren Intercoiffeuren (Friseure, die der weltweiten Vereinigung der 5-Sterne Friseure angehören, Anm.) berichten sie den Schülerinnen und Schülern, wie sie es ganz nach oben geschafft haben und wie sie ihre Auszubildenden motivieren. Bald steht fest: Haare schneiden reicht bei weitem nichts aus, ein Friseur muss Leidenschaft für den Beruf mitbringen. Allgemeinwissen, kommunikative sowie kaufmännische Fähigkeiten sind ebenfalls gefragt: "Wir treffen einander um 8 Uhr, frühstücken gemeinsam und lesen Zeitung", berichtet Strassl, die aus der gleichnamigen Friseurdynastie stammt und nun ihren eigenen Salon führt, von dem täglichen Ritual.

"Die Lehrjahre nutzenund Wissen aufsaugen"

Wer will sich selbständig machen? Das Ziel vom eigenen Salon haben viele Lehrlinge vor Augen.

Die Brüder Bundy, Karl Plasil, Rafaela Welner, Werner Pranz und Katharina Strassl standen beim letzten Termin des Medienprojekts "Schnittstelle" der "Wiener Zeitung" in der Berufsschule für Haar- und Körperpflege den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort. "Nützt die Lehrjahre und saugt auf, was ihr könnt", gibt Strassl den Jugendlichen mit auf den Weg. Von ihnen werde viel verlangt, aber auch sie sollten einfordern, dass die Lehrbetrieben ihnen etwas beibringen. Tun sie das nicht, sollten sie nicht davor zurückschrecken, die Lehrstelle zu wechseln.

© Wiener Zeitung

Auf die Frage hin, wer sich mit einem eigenen Salon selbständig machen möchte, schießen die Hände der Lehrlinge - die sich im ersten beziehungsweise dritten Lehrjahr befinden - in die Höhe. Die Profis warnen allerdings davor, diesen Schritt zu früh zu wagen: In Wien gibt es 1500 Salons, jährlich sperren 300 neue auf, und 300 müssen zusperren, sagt Strassl: "In dieser Branche zu überleben ist ein Wahnsinn." Die Profis weisen auf die Möglichkeit hin, als Franchise-Unternehmerin einzusteigen, und Georg Bundy betont: "Es reicht nicht aus, eine Top-Stylistin zu sein. Es gehört viel Erfahrung von Wirtschafts- und Führungsseite dazu." Welner rät, erst in einem Betrieb auszuprobieren, ob der Beruf wirklich gefällt: "Auch dort gibt es tolle Positionen und man kann sehr gutes Geld verdienen."

Lehrlinge sollen bei Eltern mitversichert werden

© Wiener Zeitung

Georg Bundy betont, die Bezahlung von Friseuren sei keineswegs schlecht: "Gute Friseure verdienen gutes Geld." Die Friseure weisen auf das Trinkgeld hin, das oft nicht mitgezählt wird. Strassl plädiert für höhere Lehrlingsentschädigungen und fordert, Lehrlinge sollten sich wie Schüler bei ihren Eltern mitversichern können. In ihrem Betrieb sei Überbezahlung Usus, sagt sie: "Meine Stylisten machen für das Geld, das im Kollektivvertrag steht, keinen Finger krumm."