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Frauen in der Teilzeitfalle

Von Sophia Freynschlag

Politik

AK-Studie: Frauen sind besser gebildet, aber häufig für ihren Job überqualifiziert.


Wien. Frauen sind deutlich öfter berufstätig als früher - damit hat auch die Teilzeitquote enorm zugenommen. 45 Prozent der weiblichen Erwerbstätigen in Österreich - knapp 900.000 Personen - sind in Teilzeit beschäftigt, bei den Männern sind es nur acht Prozent. 1981 arbeiteten noch 16 Prozent der Frauen in Teilzeit. Der Hauptgrund für eine Teilzeitarbeit ist die bessere Vereinbarkeit mit der Kinderbetreuung, die viele Mütter nach der Karenz nutzen. Sieben von zehn Frauen mit Kindern unter 15 Jahren sind in Teilzeit beschäftigt. "Das Problem ist, dass Frauen aus der Teilzeit nicht mehr herauskommen, obwohl sie ihre Arbeitszeit ausweiten wollen", sagt Sybille Pirklbauer, Frauenpolitik-Expertin der Arbeiterkammer (AK) Wien.

AK-Präsident Rudolf Kaske pocht darauf, dass Vollzeitstellen als Erstes Teilzeitkräften im Betrieb angeboten werden. Im Regierungsprogramm ist das Informationsrecht für Teilzeitbeschäftigte bei Ausschreibung einer Stelle mit höherem Arbeitszeitausmaß festgeschrieben. Dieses Vorhaben soll im zweiten Halbjahr 2014 angegangen werden, sagt eine Sprecherin von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ).

Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, hält hingegen wenig von dieser Maßnahme: "Ausschreibungen sind ohnehin für alle Mitarbeiter einsehbar." Die Wirtschaftskammer sei zu Verhandlungen im Paket mit der Verkürzung der Elternteilzeit bereit. Gleitsmann spricht sich gegen ein Schlechtreden von Teilzeit aus: "Die Nachfrage nach Teilzeit ist vier Mal so groß wie das Angebot, Teilzeit kommt beiden Seiten entgegen."

Von einer Rückkehrgarantie sind heimische Beschäftigte aber noch weit entfernt - anders als die Deutsche Telekom. Das Unternehmen bietet seit Jänner an, eine bestehende Teilzeittätigkeit vorzeitig zu beenden und zur ursprünglichen Wochenarbeitszeit zurückzukehren. Gleichzeitig fordert die AK, dass auch in Betrieben mit weniger als 21 Mitarbeitern Beschäftigte das Recht auf Elternteilzeit haben.

Ist Vollzeit möglich, braucht es aber jemanden für die Kinderbetreuung: "Viele Frauen würden gerne Vollzeit arbeiten, nehmen aber aufgrund von fehlender Kinderbetreuung einen Teilzeitjob an", sagt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Bis 2018 sind 350 Millionen Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung vorgesehen. Damit könnten pro Jahr rund 15.000 neue Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden, so Heinisch-Hosek.

Weniger Einkommen

trotz höherer Bildung

Wie eine AK-Studie zeigt, werden Frauen weiterhin deutlich schlechter bezahlt als Männer. Das liegt laut AK an Lohndiskriminierung trotz gleicher Qualifikation sowie an der Berufswahl. Acht von zehn Frauen sind in Dienstleistungsberufen beschäftigt, die traditionell schlecht bezahlt werden. So verdient eine ausgebildete Friseurin im ersten Berufsjahr 1228 Euro brutto pro Monat, während etwa der Diskonter Hofer im 3. Lehrjahr 1307 Euro zahlt. Besonders groß ist der Unterschied bei Akademikern, wo laut AK-Studie Frauen ein Viertel weniger verdienen als Männer.

Die Ursache für die Einkommensunterschiede liegt nicht im höheren Teilzeit-Anteil, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) analysiert hat - im Gegenteil: Die Netto-Stundenlöhne seien aufgrund der progressiven Steuertarife bei Teilzeitbeschäftigung sogar höher.

Migranten oft unter ihrem Bildungsniveau beschäftigt

Zwar haben Frauen die Männer bei Matura- und Hochschulabschlüssen überholt, sie sind aber häufig unter ihrem Qualifikationsniveau beschäftigt, hat die AK-Studie ergeben. Vor allem Maturantinnen haben demnach zu 57 Prozent einen Arbeitsplatz, der nicht ihrem Ausbildungsniveau entspricht. Bei Männern mit AHS-Abschluss haben 48 Prozent keine adäquate Stelle gefunden - bei berufsbildenden höheren Schulen sind es 30 Prozent. Das spiegle die guten Berufschancen von HTL-Absolventen wider, die zum Großteil männlich sind, so Kaske. Junge Frauen entscheiden sich mehrheitlich für wirtschaftsberufliche und sozialberufliche Schulen. Unter den Akademikern haben ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer eine Stelle, für die keinen Hochschulabschluss vorgeschrieben ist. Frauen mit Lehrabschluss werden hingegen seltener als Männer unter ihrem Ausbildungsniveau eingesetzt.

Schlechter stehen die Chancen auf eine adäquate Tätigkeit für Migranten: Ein Drittel sind unter ihrem Bildungsniveau beschäftigt, wie die AK-Studie ergeben hat. Eine Studie der Donauuniversität Krems kommt zum gleichen Ergebnis.

Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) will ein Gesetz auf Schiene bringen, um die Anerkennung von Qualifikationen aus dem Ausland zu erleichtern. Kommende Woche sollen Gespräche mit allen zuständigen Stellen - Ministerien, Institutionen und Gebietskörperschaften - starten. Eine Regelung für Akademiker ist bereits in Kraft - sie haben Anspruch auf eine Entscheidung innerhalb von drei Monaten. Ein eigenes Gesetz soll nun auch Schul- und Lehrabschlüsse umfassen - laut Kurz soll es jedenfalls in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden. Auch SPÖ, Grüne und die Gewerkschaft drängen auf eine rasche Umsetzung.