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Verländerung der Steuer statt der Lehrer?

Von Simon Rosner

Politik

ÖVP-Landeshauptleute initiieren Diskussion über Föderalismusreform.


Wien. Der Verwaltungsreformeifer der Bundesregierung ist, wie dem Arbeitsübereinkommen von SPÖ und ÖVP zu entnehmen ist, kein sonderlich großer. Allerdings unterscheidet sich die aktuelle Regierung in dieser Hinsicht nicht von ihren Vorgängerinnen. Umso verwunderlicher ist nun ein Vorstoß der ÖVP-regierten Länder, vor allem erstmals auch von Niederösterreich, wonach die Länder Steuerautonomie einfordern.

"Ich habe das schon länger im Kopf und glaube, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre", sagte Landeshauptmann Erwin Pröll zum "Standard". Eine Steuerhoheit für die Bundesländer wäre jedenfalls kein kleines Reförmchen mehr, sondern eine echte Föderalismusreform und damit die Mutter aller Verwaltungsreformen. Und damit ist es, als würde die heimische Politik gerade das Opus Magnum angehen wollen - noch vor der ersten Skizze.

Hintergrund des Vorstoßes der Länder ist eine Studie aus dem Vorjahr von Markus Achatz, dem Vorstand des Instituts für Steuer- und Finanzrecht der Keppler-Universität in Linz. In der noch von Maria Fekter in Auftrag gegebenen Arbeit legt Achatz dar, wie eine Abgabenautonomie aussehen könnte. In der Studie, die auf der Homepage des Finanzministeriums veröffentlicht ist, beschreibt Achatz verschiedene Modelle. Einerseits die Übertragung von Bundessteuern an die Länder oder auch ein Zuschlagssystem, bei dem die Länder innerhalb einer Bandbreite in einen Steuerwettbewerb treten. Das würde jedenfalls den Aufwand reduzieren, andernfalls bräuchte man neun eigene Finanzverwaltungen.

Aus dem Westen sind derartige Ideen schon früher gekommen, allerdings sind Tirol, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg deutlich strukturstärker als etwa Kärnten oder das Burgenland. Nicht verwunderlich ist daher, dass aus diesen Ländern eine Absage zur Steuerautonomie kommt.

Angst des Burgenlands

vor Steuerdumping

"Würde jedes Bundesland selbständig über Steuern bestimmen und solche festlegen, hätte das unmittelbar einen Steuerdumping-Wettbewerb zur Folge", sagt Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). Auch sein Vize von der ÖVP, Franz Steindl, lehnt das Vorhaben ab und warnt vor schwerwiegenden Folgen für das Bundesland.

Bis Ende 2016 läuft aber ohnehin noch der aktuelle, bereits zweimal verlängerte Finanzausgleich, der die Transferzahlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden regelt. Erst danach könnte die Reform greifen. Bei einem Zuschlagssystem würde es aber jedenfalls weiterhin einen Finanzausgleich geben, der dem jetzigen zumindest nahekommt. Dadurch könnten strukturschwache Regionen entschädigt werden.

Für Finanzminister Michael Spindelegger, der das Papier von seiner Vorgängerin quasi geerbt hat, ist es jedenfalls ein "gemeinsamer ÖVP-Vorschlag", er unterstütze diese Idee seit Jahren, sagte er dem Ö1-"Mittagsjournal". Geradezu begeistert reagierte der wirtschaftsliberale Think Tank "Agenda Austria" auf die angestoßene Debatte und verwies auf die Schweiz, in der ein Zuschlagssystem bei der Einkommensteuer etabliert ist. Der Wettbewerb hätte gerade strukturschwachen Regionen geholfen, Unternehmen anzusiedeln, schreibt die "Agenda Austria" in ihrer Aussendung.

In erster Linie erwarten sich Forscher und Politik durch eine Steuerautonomie einen effizienteren Einsatz der Mittel. Im Gegensatz zu Gemeindechefs, die auch Gebühren einheben müssen, bleibt den Landeschefs derzeit das für Politiker immer unangenehme Abgabeneintreiben erspart. Sie dürfen sich den angenehmen Seiten des Politikerlebens widmen: dem Ausgeben.