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Blut, Schweiß und Tränen

Von Clemens Neuhold

Politik

Der Steuerfrühling ist für lange Zeit verschoben - nicht nur wegen der Hypo.


Wien. Wie schlimm sind die Folgen des Hypo-Desasters für den einzelnen Bürger? Waren Tabak- und Sektsteuer nur der Anfang und droht jetzt der wahre Steuerhammer? Oder ist es halb so schlimm? Gratis-Zahnspangen sind ja immerhin noch drin.

Bundeskanzler Werner Faymann und sein Vizekanzler, Finanzminister Michael Spindelegger, bleiben weiterhin in Deckung, wenn es darum geht, den Österreichern die Folgen des Hypo-Desasters aufzudröseln. Das hat einerseits damit zu tun, dass sie die Suppe nur ungern ausbaden, die in Kärnten in Zeiten Jörg Haiders angerührt wurde. Und zweitens liegt es daran, dass die wahren Belastungen derzeit niemand seriös beziffern kann. Deswegen treten vorerst andere Personen in die Vorlage.

Wenn sogar Heinz Fischer Katastrophenalarm gibt

Am Mittwoch Abend sprach Bundespräsident Heinz Fischer in der "ZiB2" von einer budgetären Katastrophe. Am Donnerstag wagte der Chef des Instituts für höhere Studien (IHS), Christian Keuschnigg, im Klub der Wirtschaftspublizisten einen Blick in die Zukunft. Und der ist düster. "Auf den Bund kommen große Belastungen zu." Ersetzt man "Bund" durch "Steuerzahler" wird klar, dass es mit der Erhöhung der Tabaksteuer, der Sektsteuer, mit der Verteuerung des Autokaufs (Nova) oder Verschärfungen bei der GmbH light oder der Gruppenbesteuerung nicht getan sein wird. Und dabei geht es gar nicht in erster Linie um die Hypo, sondern um den gesamten Steuermix der nächsten Jahre. Die Hypo-Schadenssumme könnte mit 8,5 Milliarden sogar deutlich niedriger sein als die viel zitierten 19 Milliarden Euro, sagte der Hypo-Vorstand Alexander Picker. Diese Schadenssumme wandert außerdem in die Staatsschulden und kann über Jahrzehnte abgestottert werden. Das erhöht langfristig den Druck, Schulden abzubauen - aber es braucht nicht sofort höhere Einnahmen und einen Kahlschlag bei Leistungen. Die Welt der Schuldenberge ist das eine; in der Welt des Budgets (dem Verhältnis von Steuereinnahmen und -ausgaben), bleiben jedoch keine Jahrzehnte Zeit, um reinen Tisch zu machen: sondern drei Jahre. Denn bis 2016 hat sich die Regierung gegenüber der EU auf ein "strukturelles" Nulldefizit verpflichtet. Und was die Defizitziele betrifft, ist Brüssel viel strenger als mit Schuldenobergrenzen.

Dabei hat Österreich dieses Defizitziel ohnedies schon aufgeweicht. Denn das strukturelle Defizit ist zunächst leichter zu erreichen als das faktische. Zusätzlich zu dem statistischen Kunstgriff wurde das Zieldatum von 2015 auf 2016 verschoben. Beides zusammen erklärt die wundersame Verkleinerung des "Budgetlochs", das zum Jahreswechsel von Beamten des Finanzministeriums errechnet und dann rasch zur "Budgetlücke" kleingerechnet wurde.

Steuern sprudeln sofort, Reformen tröpfeln bloß

Aus Sicht von Keuschnigg braucht es ein weiteres "Maßnahmenpaket", um das Nulldefizit 2016 zu erreichen. "Maßnahmen" ist ein Euphemismus für Leistungskürzungen von sozialen Transfers wie Pensionen, Förderungen und für höhere Steuern. Also doch der nächste Steuerhammer? Dabei hat die Regierung für 2016 bereits den Steuerfrühling in Aussicht gestellt - in Form einer breiten Senkung der Lohnsteuer für alle.

Keuschnigg, der als ausgesprochener Kritiker des Hochsteuerlandes Österreich gilt, schloss angesichts des Zeitdrucks nicht aus, dass bis 2016 weiter an der Steuerschraube gedreht werden könnte. Denn neue Steuern sprudeln sofort, während Änderungen bei Förderungen oder Pensionen (sofern nicht radikal wie die frühere Heraufsetzung des Frauenpensionsalters) budgetär nur tröpfeln.

Mit seiner Einschätzung über die ungenügenden Wirkungen der jüngsten Budgetmaßnahmen ist Keuschnigg nicht alleine. "Die beschlossenen Steuererhöhungen und Einsparungen werden nicht reichen. Da wird noch mehr passieren müssen", sagt auch Margit Schratzenstaller, Budgetexpertin des - neben dem IHS - zweiten großen Wirtschaftsforschungsinstituts des Landes, Wifo. Sie würde bei den Förderungen und dem Gesundheitssystem ansetzen. Unter Förderungen läuft auch die Steuerbegünstigung des 13. und 14. Monatsgehaltes. Die koste alleine 5,5 Milliarden Euro, kritisiert Keuschnigg, und habe eine zweifelhafte Verteilungswirkung. Die Abschaffung der heiligen Kuh würde jedoch keine Regierung überstehen. Deswegen hält er es für realistischer, Tunnel- und Straßenbauten zu verschieben.

Zweckoptimismus in

Zeiten der Hypo

Trotz der Unwägbarkeiten und Kassandrarufe bekräftigte Spindelegger am Donnerstag das Ziel des Nulldefizits. Geht es sich nicht aus bis 2016, kann er es noch immer kippen mit Verweis auf andere Länder, die einen noch größeren Schlendrian haben. Mit anderen Ländern vergleicht sich das - noch - vorbildliche Österreich ja sehr gerne.