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Wenn "M" bei "L" lobbyiert

Von Clemens Neuhold

Politik

Britische Firma soll bei "Luessel", "Laider" "Lasser" für Eurofighter lobbyiert haben.


Wien. Es klingt wie ein Faschingsscherz, ist aber ein weiteres Kapitel im Endloskrimi um die 15 Kampfjets, die Österreich 2002 gekauft hat. Eine britische Briefkastenfirma namens City Chambers soll über acht Millionen Euro vom Eurofighter-Hersteller EADS (heute Airbus) erhalten haben. Ziel: Lobbying für die Eurofighter-Jets in Österreich. Bevorzugter Ort des Lobbyings: die "Milchbar" des Parlaments. Lobbying-Ziele: diverse Abgeordnete, Militärs mit Allerweltsnamen wie Huber, Kunz sowie die Spitzenpolitiker "Dr. W. Luessel", "Dr. J. Laider", "Dr. K.H. Lasser und "Dr. Wartenstein". Das berichten das Nachrichtenmagazin "News" und die "Süddeutsche Zeitung". Sie beziehen sich auf einen Bericht der Anwaltskanzlei Clifford Chance, die auf forensische Untersuchungen spezialisiert ist und von EADS selbst beauftragt wurde.

Es geht natürlich um den einstigen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (kein Doktor, sic), den verstorbenen FPÖ-Chef Jörg Haider und Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, die damals die Weichen pro Eurofighter gestellt haben.

Als Unterzeichner der Dokumente scheint in strenger James-Bond-Manier ein gewisser "M" auf. Aus militärischen Industriekreisen heißt es zur "Wiener Zeitung", Decknamen seien in dieser Art von Berichten durchaus üblich, um Geheimdienstspionage zu erschweren. Doch in dieser plumpen Form sei das schon "recht ungewöhnlich".

Rund um den Eurofighter-Deal gehen die Staatsanwaltschaften Wien und München seit Jahren dem Verdacht von Schmiergeldzahlungen in der Höhe von über 100 Millionen Euro nach. Deswegen ist es von Interesse, ob diese angeblichen Treffen in der Milchbar wirklich stattgefunden haben und was besprochen wurde. Oder ob der Leistungsnachweis von City Chambers eine Fälschung ist.

Wenn das der Fall ist, wohin floss dann das Geld? In dunkle Parteikassen oder in die Taschen der Briten? Doch das wird schwer zu eruieren sein, denn die Firma hat sich samt der Akten längst in Luft aufgelöst und die Eigentümer sind nicht bekannt - zumindest Clifford Chance nicht. Der Grüne Aufdecker Peter Pilz sagt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", er wisse, wem City Chambers gehört habe. Denn er habe den "Schmiergeldkreislauf" City Chambers 2011 bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt, ohne es medienöffentlich zu machen. Die Staatsanwaltschaft bestätigt das auf Nachfrage. Nun sieht er die Zeit reif. Heute, Freitag, will Pilz Fakten zu den Hintermännern und zu "Zahlungsflüssen" präsentieren. "Wir kommen dem Ziel mit großen Schritten näher, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, das Geld zurückzuholen und das Klumpert mit der Bahn nach Deutschland zurückzuschicken", sagt Pilz.

Das verspricht er, seit er den Kampf gegen die Eurofighter aufgenommen hat. Aber bisher wurde die "rauchende Pistole" nicht gefunden. Um den Eurofighter-Kauf rückgängig zu machen, müsste nachgewiesen werden, dass EADS selbst Schmiergeld nach Österreich bezahlt oder nachweislich Boten missbraucht hat. Eine Bestechung seitens der Briefkastenfirmen alleine genügt nicht. Die noch berühmtere Firma in diesem Zusammenhang ist die britische Vector, über die 100 Millionen Euro zur Anbahnung von Gegengeschäften geflossen sein sollen. Die Art dieser Gegengeschäfte (Modegeschäfte) sind ähnlich skurril wie die Decknamen.

Die Frage, welche Österreich-Kompetenz diese britischen "Buden" gehabt haben sollen, kann EADS heute noch nicht beantworten. Künftig dürfen nur noch Vermittler für EADS arbeiten, die in den Ländern selbst tätig und deren Eigentümer bekannt sind.

Die Prüfung des Deals durch Clifford Chance ist ein Indiz, dass sich EADS von alten Praktiken distanziert und Untreue in den eigenen Reihen (in der Vergangenheit) nicht ausschließt.