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Dem Putsch zuvorgekommen

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Christian Benger - ein völlig Unbekannter - übernimmt die Partei.


Wien. Die Kärntner ÖVP kann man ganz gut mit einem Wald vergleichen. Nach schweren Sturmschäden hat man in den letzten zwei Jahren mühsam versucht, diesen Wald wieder aufzuforsten. Weil aber Wasser, Licht und Nährstoffe nur in begrenztem Maße vorhanden sind, muss hin und wieder der eine oder andere Baum gefällt werden. Manchmal auch, um einen drohenden Waldbrand zu verhindern.

Gezündelt hat der Obmann des Kärntner ÖVP-Wirtschaftsbundes. Die Bäume, die gerade gefällt wurden, sind Landesparteiobmann Gabriel Obernosterer und Landesrat Wolfgang Waldner. Und um den Wald kümmern soll sich nun Christian Benger, seit Montag neuer Chef der Kärntner Volkspartei und designierter Landesrat - und wirklich Forstwirt.

Eigentlich erst in sechs bis acht Wochen geplant

Was aber zunächst nach einem gewaltigen Putsch aussah, stellte sich im Nachhinein offenbar als monatelang vorbereitete Hofübergabe heraus. "Ich habe immer gesagt, dass ich bei der nächsten Wahl mit Sicherheit nicht mehr antreten werde", erklärte Obernosterer nach der Sitzung des Parteivorstandes am Montag. Er sei mit Benger seit Oktober in Kontakt gewesen, "das hat auch Wolfgang Waldner gewusst". Allerdings sei der Wechsel erst in sechs bis acht Wochen geplant gewesen.

Dass es nun doch schneller ging als geplant, ist die Schuld von Franz Pacher. Der Präsident der Kärntner Wirtschaftskammer und Obmann des Kärntner ÖVP-Wirtschaftsbundes hatte am Wochenende in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" schwere Attacken gegen Waldner geritten.

Pacher warf Waldner vor, dieser würde "nur die Beine auf den Tisch legen und zuschauen, wie die Dinge ablaufen". Er stelle ihn als Wirtschaftslandesrat infrage, "weil er zu wenig dynamisch ist". Er selbst würde es besser machen und stehe zur Verfügung, so Pacher. Ihm wäre aber auch Obernosterer als Landesrat recht.

Obernosterer stellte sich demonstrativ hinter seinen Landesrat und erklärte: "Zwischen mich und Waldner treibt niemand einen Keil." Auch Waldner wies die Kritik vehement zurück. Mit dem vorgezogenen Führungswechsel wurde Pachers Putschversuch erfolgreich abgewehrt. Dessen Amtszeit als Kammerpräsident endet 2015 fix. Als Landesrat hätte sich der bald 64-Jährige noch etwas vor der Pension drücken können. Nun fordert Obernosterer von Pacher eine öffentliche Entschuldigung.

Obernosterer selbst wird weiter im Nationalrat sitzen. Was Waldner künftig tun wird, ließ der ehemalige Diplomat und Staatssekretär im Außenministerium am Montag offen. Er sprach jedenfalls von einem "guten Resultat" der Vorstandssitzung.

Ein Vorarlberger mit Werbe-Erfahrung

Mit Christian Benger folgt ihm ein weitgehend Unbekannter als Landesrat nach. Bisher war er neben seinem Forstbetrieb als Obmann des Forstausschusses der Kärntner Landwirtschaftskammer tätig. Einen typischen Kammerfunktionärslebenslauf hat er aber nicht. Geboren wurde Benger 1962 in Bregenz. Zwar studierte er Forstwirtschaft, war dann aber jahrelang in der Werbe- und Kommunikationsbranche tätig, unter anderem für das weltweit tätige Werbeunternehmen "Saatchi & Saatchi" sowie die OMV. Erst 2000 übernahm er einen eigenen Forstbetrieb.

Politisch will Benger die bisherige Linie von Obernosterer und Waldner fortführen. Er stehe zur Dreierkoalition mit SPÖ und Grünen, denn "große Ziele erreicht man nur gemeinsam". Daher sei ihm nach dem Anruf Obernosterers schnell klar gewesen, dass er den Schritt in die Politik wagen will.

LH Peter Kaiser stellt die Koalition nicht infrage

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) reagierte auf den Wechsel seines Regierungsmitglieds relativ gelassen. Personalentscheidungen oblägen den jeweiligen Partein, hieß es gegenüber der "Wiener Zeitung". Persönlich tue ihm der Abgang von Waldner und Obernosterer leid, denn mit beiden habe er eine gute Gesprächsbasis gehabt. Dass man nur als Rot-Grün ohne ÖVP weiterregieren könnte (die nötige Mehrheit im Landtag wäre gegeben), daran denkt Kaiser nicht. Es gebe keinen Grund, wegen einer personellen Entscheidung alles infrage zu stellen.

Das sehen die Grünen etwas zurückhaltender: "Die Koalition ist jetzt neu zu bewerten", lässt Landessprecher Frank Frey in einer Aussendung wissen. Man werde mit dem neuen Landesrat Gespräche führen müssen. Grünen-Landesrat Rolf Holub erklärte, er hoffe, dass die ÖVP nicht in alte, problematische Verhaltensmuster zurückfalle.

Überaus knapp fiel die Reaktion der ÖVP-Bundespartei aus. Generalsekretär Gernot Blümel sprach von einer "strategischen Neuausrichtung" und er freue sich auf eine "gute Zusammenarbeit" mit Benger.

Chronologie
Im Juli 2013 gesteht der Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz, Steuergelder für die Partei abgezweigt zu haben, und stürzt die Kärntner Volkspartei in eine veritable Krise. Gabriel Obernosterer übernimmt am 25. Juli 2012 die am Boden liegende Partei. Bei der Landtagswahl am 1. März 2013 tritt die ÖVP mit einer Doppelspitze aus Obernosterer und Ex-Staatssekretär Wolfgang Waldner an - und schafft überraschend 14,4 Prozent. Derzeit liegt man in Umfragen allerdings gerade einmal bei neun Prozent, was an diesem Wochenende zu massiver Kritik von Wirtschaftsbund-Obmann Franz Pacher führte. Gestern, Montag, erklärten Obernosterer und Waldner ihren Rücktritt und machen Christian Benger zu ihrem Nachfolger - ein Schritt, der laut Obernosterer seit Monaten geplant war.