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"Brustkrebsgefahr steigt"

Von Petra Tempfer

Politik

Ärzte warnen: Junge Frauen können nicht zum Vorsorgescreening.


Wien. Mit Jänner hat in Österreich das neue Mammografie-Screeningprogramm zur besseren Früherkennung von Brustkrebs begonnen - bereits jetzt, nicht einmal drei Monate später, wird es scharf kritisiert. Junge Frauen, die nicht in die Risikogruppe der 45- bis 69-Jährigen fallen und daher keine Einladung zum Screening erhalten, können nicht zur Vorsorgemammografie, warnen Gynäkologen. Die Radiologen lassen wiederum mit ersten Zahlen aufhorchen: Nur fünf Prozent der eingeladenen Frauen kommen zur Untersuchung, heißt es.

Die Situation sei schlechter als vor Beginn des Screenings. Ein Anstieg des Brustkrebsrisikos sowie der Sterblichkeit könnten drohen. Derzeit liegt die Mortalitätsrate bei einem Drittel, Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Die Screening-Initiatoren Gesundheitsministerium und Hauptverband der Sozialversicherungsträger kalmieren.

Ärztekammer gespalten

Damit verteidigen allerdings nur zwei der Initiatoren das Mammografie-Screeningprogramm. Der Dritte im Bunde - die Ärztekammer (ÖÄK) - ist gespalten. Thomas Fiedler etwa, Obmann der Bundesfachgruppe Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der ÖÄK und Gynäkologe in Linz, ist einer der schärfsten Kritiker. "Ohne Indikation kann keine Frau unter 40 zur Mammografie", sagt er zur "Wiener Zeitung", "das dient nicht dem Wohl der Patientin." Allein in Oberösterreich seien seit Jänner 20 Brustkrebsfälle bei Patientinnen mit alten Überweisungen entdeckt worden, die beim aktuellen Screeningprogramm nicht in die entsprechenden Altersgruppen gefallen wären. "In dem Programm wird Frauen ein extrem strenges Korsett auferlegt. Meine jüngste Patientin ist 26, meine älteste 88 Jahre alt. Das Krebsrisiko liegt nie bei null", sagt Fiedler.

Sein "Herzensanliegen", wie er es nennt: Dass das Screeningprogramm noch einmal dahin gehend geändert wird, dass auch junge Frauen per Überweisung zur Vorsorgemammografie gehen können - und zwar ohne akuten Anlass. Den Vorwurf, dass wirtschaftliche Interessen hinter dem Aufruf der Gynäkologen stecken könnten, lässt er nicht gelten. "An Überweisungen verdienen wir nichts", sagt er.

Hauptverband und Gesundheitsministerium verstehen die Kritikpunkte nicht. "Wenn eine Frau familiär vorbelastet ist oder auch nur der geringste Verdacht auf Brustkrebs besteht, bekommt sie natürlich auch mit 35 sofort einen Termin beim Radiologen", heißt es etwa vom Hauptverband. Obwohl lediglich die 45- bis 69-Jährigen alle zwei Jahre eine Einladung zur Mammografie erhalten, mit der sie direkt zum Radiologen gehen können, sei die Überweisung über den Gynäkologen freilich nach wie vor möglich.

"Qualität im Vordergrund"

"Auch Frauen ab 40 und bis 74 können über eine Telefon-Serviceline eine Einladung einfordern", ergänzt das Ministerium, dem überdies andere Zahlen als den Radiologen bezüglich der Teilnahme am Programm vorliegen, wie es betont. Die E-Card-Steckungen bei Radiologen haben dem Ministerium zufolge sogar zugenommen - worauf die Kritik basiert, dass nur fünf Prozent der Frauen der Einladung gefolgt seien, sei rätselhaft. Vielmehr sei ein wesentlicher Vorteil des Programms in den Vordergrund zu rücken: Künftig werden zwei Radiologen die Befunde erstellen, um das Risiko für Falschbefunde, wie sie früher oft passiert seien, zu reduzieren.

Generell sei es für Statistiken und Trends nicht einmal drei Monate nach Screeningstart zu früh, sind sich Ministerium und Hauptverband einig. Stellt sich Ende des Jahres heraus, dass die Mammografie-Zahlen geschrumpft sind, werde man "sehr kurzfristig gegensteuern" - also etwa erneut Einladungen verschicken.