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Diskriminierung andersrum

Von Katharina Schmidt

Politik

AMS-Chef Kopf will Asylwerbern, die gute Chance haben, im Land zu bleiben, Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.


Wien. Es ist nur ein Diskussionsvorschlag. Aber das Thema ist heiß genug, dass selbst dieser deutliche Abwehrreaktionen hervorruft. Der Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf, hat eine neue Idee präsentiert, wie der Arbeitsmarktzugang für Asylwerber in Zukunft geregelt werden könnte. In einem Gastkommentar für das Magazin "Mo" der Nichtregierungsorganisation SOS Mitmensch fand er einen Kompromiss zwischen vollem Arbeitsmarktzugang, wie ihn die NGOs und Industrie fordern, und einer weitgehenden Beschränkung, wie sie derzeit der Fall ist. Und dieser lautet: positive Diskriminierung.

Asylwerber dürfen laut Gesetz nach drei Monaten im Land arbeiten. Seit dem berühmten Erlass des einstigen ÖVP-Wirtschaftsministers Martin Bartenstein 2004 ist dieser Zugang auf wenige Saisonbranchen beschränkt. Zudem dürfen sie in der Prostitution arbeiten und bis zum Alter von 25 eine Lehre machen. Damit hängen Asylwerber für die oft jahrelange Dauer der Verfahren am Tropf der staatlichen Grundversorgung.

Schon wenn jemand "nur" zwei Jahre auf seinen Asylbescheid wartet, ist er dadurch zum Langzeitarbeitslosen geworden. "Er hat Qualifikation, Selbstvertrauen und die Normalität eines geregelten Arbeitsalltags verloren. Das macht keinen Sinn", sagt Kopf zur "Wiener Zeitung". Er versteht aber auch die Bedenken: Allen ohne Unterschied nach sechs Monaten den Arbeitsmarktzugang zu gewähren, könnte einen starken "Pull-Effekt" haben, also mehr Asylsuchende nach Österreich ziehen. Gleichzeitig wäre das aus Sicht Kopfs unfair gegenüber Bürgern neuer EU-Mitgliedstaaten, die erst nach langen Übergangsfristen hier arbeiten dürfen. Schließlich werde eine Abschiebung im Fall eines rechtskräftig abgewiesenen Asylantrags erschwert, wenn jemand schon lange in Österreich arbeitet.

Also schlägt Kopf einen völlig neuen Weg vor: Er will den Arbeitsmarktzugang nach der Wahrscheinlichkeit der Asylgewährung staffeln. Sprich: Menschen aus Ländern, die eine hohe statistische Chance haben, dass ihr Asylantrag in Österreich anerkannt wird, sollen nach dem dritten Monat voll arbeiten dürfen. Jene mit geringen Anerkennungsraten sollen indes nur wie bisher oder erst später einen Arbeitsmarktzugang erhalten. Ein Beispiel: Derzeit werden 76 Prozent der Asylanträge aus Syrien positiv beschieden, aber nur zwei Prozent jener aus Pakistan. Geht es nach Kopf, sollen also Syrer nach drei Monaten Arbeitsmarktzugang erhalten, Pakistani aber nicht.

Vier Langzeitarbeitslose, weil einer kein Asyl bekommt?

Denn "es macht keinen Sinn, vier Menschen nicht arbeiten zu lassen und zu Langzeitarbeitslosen zu machen, nur weil vielleicht einer gehen muss", rechnet Kopf im Fall der Syrer vor. Umsetzen könne man das zum Beispiel mit einer Verordnung des Sozialministeriums, in der auf Basis aktueller Anerkennungsquoten der Zeitpunkt des Arbeitsmarktzugangs für einzelne Nationen festgelegt wird. "Das erscheint klar diskriminierend, aber man kann es gut argumentieren", sagt Kopf.

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer will den Vorschlag nicht sofort verwerfen. "Das kann man sicher überlegen", sagt er. Jedoch dürfte die Herkunft nicht das einzige Kriterium sein, sondern man müsse auch Qualifikationen oder Arbeitsmarkterfordernisse in die Beurteilung einfließen lassen.

Ein klares Njet kommt indes aus dem Sozialministerium - und das, obwohl Teile der SPÖ vor der Wahl klar für einen Arbeitsmarktzugang für Asylwerber waren. Im Ressort von Rudolf Hundstorfer "gibt es derzeit keine Überlegungen, etwas an der aktuellen Regelung zu verändern", heißt es dort. Auch das Innenministerium sieht "keinen Handlungsbedarf", zumal schon jetzt das Kontingent für Saisonniers von den Asylwerbern nicht ausgenutzt werde.

"Gegen jede Form der Vermischung von Zuwanderung und Asyl" ist auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der eine Verfahrensbeschleunigung fordert. Der gleichen Meinung ist das Team Stronach, während die Neos ihre Forderung nach Arbeitsbewilligungen nach sechs Monaten bestätigt sehen. Die Grüne Alev Korun tritt zwar prinzipiell vehement für den Arbeitsmarktzugang für Asylweber ein, hält aber "eine Ungleichbehandlung Schutzsuchender nicht für sinnvoll".