Ministerium startete Projekt für mehr Selbstbestimmung
An vorerst 17 Standorten wurde damit eine Einrichtung von Hilfsorganisationen oder Sachwaltervereinen geschaffen, wohin sich die Betroffenen und deren Angehörige wenden können. Die geschulten Mitarbeiter der Clearingstelle versuchen dann, einen anderen Weg als die Sachwalterschaft zu finden. Mögliche Alternativen sind die Unterstützung durch Nachbarn, Familienmitglieder oder Betreuungseinrichtungen, wenn die Wohnung verwahrlost oder Arzttermine nicht eingehalten werden. Regelmäßige Überweisungen könnten über ein "betreutes Konto" durchgeführt werden, während ein "Coach" bei der Vermögensverwaltung oder Rechtsgeschäften hilft.
Es gehe darum, das "Fallbeil der Sachwalterschaft", wie Brandstetter es nennt, so lange wie möglich zu vermeiden. Bis 2016 will er einen Entwurf zu einer Reform des Sachwalterrechts vorlegen - mit dem Ziel, die Zahl der Sachwalterschaften zu verringern. Die Erfahrungen aus dem bis Herbst 2015 laufenden Projekt sollen darin einfließen.
Sowohl Maresch als auch Georg Psota, Obmann von "pro mente" Wien, Gesellschaft für psychische und soziale Gesundheit, begrüßen das Projekt. "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung", so Psota, "aber sicher nicht der einzige." Vor allem für die wachsende Gruppe der Demenzkranken sei eine "Unterstützung zur Selbstbestimmung" nicht immer zielführend, sie müssen oft tatsächlich besachwaltet werden. Um einem Missbrauch der Sachwalterschaften vorzubeugen, wäre laut Psota ein Kontrollgremium sinnvoll. Ziel sei, Betroffenen die größtmögliche Freiheit, aber auch Sicherheit zu gewähren.
Die Idee zum Pilotprojekt beruht auf einem Konzept des Vereins "VertretungsNetz". Seit Jahren bietet dieser Beratungsgespräche bei Gericht sowie kostenlose Schulungen für Angehörige an. Die Mitarbeiter sind vom Quellberuf her Sozialarbeiter, Psychologen oder Juristen.
Österreichweit gibt es vier Vereine dieser Art, die vom Justizministerium subventioniert werden. Der Großteil der Mitarbeiter ist angestellt, einige arbeiten ehrenamtlich. Die Vereine übernehmen laut Maresch rund 12 Prozent aller Sachwalterschaften. Also weniger als halb so viele Fälle, wie von Notaren und Rechtsanwälten abgewickelt werden. Der Rest wird von Angehörigen besachwaltet. "Die eigentliche Reihenfolge sollte sein: Angehörige, Vereine und dann Notare und Rechtsanwälte", sagt Maresch. Denn während eine Kanzlei - wie erwähnt - mehrere 100 Klienten übernimmt, betreut ein Sachwalter eines Vereins nur rund 25 Personen. Angehörige besachwalten für gewöhnlich ein Familienmitglied.
Wunsch für die
nächste Gesetzesnovelle
Mareschs Wunsch für die nächste Novelle: dass Massensachwalterschaften ein Riegel vorgeschoben wird, "weil durch diese die Sachwalterschaft in Verruf gerät". Mit der vorigen Novelle des Sachwalterschaftsrechts 2006 sei schon viel passiert. Seitdem gibt es die Möglichkeit der Vorsorgevollmacht, also einer Verfügung, mit der im Vorhinein der Sachwalter selbst ausgewählt werden kann. Auch eine Angehörigenvertretung als Alternative zur Sachwalterschaft ist seitdem möglich, zudem wurden die Beratungsgespräche bei Gericht eingeführt.