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Operation Arbeitsbedingungen

Von Matthias Nagl

Politik

Die Bezahlung der Spitalsmitarbeiter bereitet den Bundesländern auf mehreren Ebenen Probleme.


Salzburg/Linz. Salzburgs Finanzlandesrat Christian Stöckl (ÖVP) darf derzeit ausgeprägte Kreativität beim Stopfen von Finanzlöchern entwickeln. Stöckl ist nicht nur für die Aufräumarbeiten nach dem Finanzskandal im Salzburger Budget zuständig, auch in seinem zweiten großen Ressort, dem Gesundheitsbereich, ist der Landeshauptmann-Stellvertreter mit unvorhergesehenen Finanzlöchern konfrontiert.

Nach einer verlorenen Klage des Zentralbetriebsrats der Salzburger Landeskliniken muss das Land Spitalmitarbeitern 24 Millionen Euro für nicht anerkannte Vordienstzeiten nachzahlen. Für die übrigen Landesbediensteten sind weitere acht Millionen Euro fällig. Dazu kommen laufende jährliche Mehrkosten von insgesamt 3,4 Millionen Euro. Das Land hatte nämlich Mitarbeitern der Landeskliniken Vordienstzeiten nur zu 60 Prozent angerechnet, der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied jedoch, dass dies gegen das Diskriminierungsverbot und die Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoße.

Klagsdrohungen nach Salzburger Vorbild

Zwar betraf die Klage nur EU-Ausländer, aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes bekommen aber auch Österreicher die Nachzahlung. Stöckl will zumindest einen Teil der Nachzahlungen aus dem Budget der Landeskliniken bestreiten. Dazu soll die eigentlich dringend notwendige, geplante Renovierung des Salzburger Landeskrankenhauses um zehn Jahre bis 2030 gestreckt werden. Ein Teil der Summe wird wohl dennoch aus dem laufenden Landesbudget kommen müssen.

Mt diesem Problem wird Salzburg aber unter Umständen nicht alleine bleiben. Ähnliche Klagen und in der Folge Nachzahlungen drohen auch anderen Bundesländern. Am weitesten fortgeschritten sind die Vorbereitungen dafür in Oberösterreich. Dort verstreicht dieser Tage eine Frist des Betriebsrats der Landesspitalsgesellschaft an das Land mit der Forderung, sich zur Erfüllung der Ansprüche aus Vordienstzeiten zu bekennen.

Diese Frist ist aber insofern bedeutungslos, als der zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Hiesl (ÖVP) diese Forderung schon im Vorhinein zurückgewiesen hat. "Unsere Regelungen im Landesdienst sind die gleichen wie im Bundesdienst", sagt Hiesl. Er will deshalb vor einer Entscheidung entsprechende Verfahren vor dem EuGH zu Vordienstzeiten im Bundesdienst abwarten. So viel Geduld werden die Betriebsräte eher nicht haben, sie könnten schon demnächst eine Klage vor dem Arbeitsgericht einbringen. Laut Schätzungen geht es in Oberösterreich schon allein aufgrund der Landesgröße um größere Summen als in Salzburg.

Laut den "Oberösterreichischen Nachrichten" bereiten außerdem die Personalvertreter im oberösterreichischen Landesdienst eine Klage vor. Inwieweit das Salzburger Urteil auch auf Bundesebene zum Problem werden kann, ist noch strittig. Klarheit werden dazu wohl die EuGH-Verfahren zum Bundesdienst bringen. Das zuständige Bundeskanzleramt hat dazu jedenfalls eine klare Meinung. "Die nicht volle Anrechnung von Vordienstzeiten aus der Privatwirtschaft ist in Europa weit verbreitet und EU-rechtlich unproblematisch", heißt es in einer Stellungnahme. Experten auf Gewerkschaftsseite sehen das anders. Sie glauben, dass der Bund durchaus selbst betroffen sein könnte.

Doch unabhängig davon könnten auf die Bundesländer aufgrund eines anderen Briefs aus Brüssel schon bald weitere finanzielle Belastungen im Gesundheitsbereich zukommen. In einem Mahnschreiben verlangt die EU-Kommission von Österreich, die Arbeitszeit von Ärzten in Krankenhäusern neu zu regeln. Die maximal erlaubte Wochenarbeitszeit soll von 72 auf 48 Stunden verringert werden. Bis Mai arbeitet nun eine von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) eingesetzte Arbeitsgruppe eine Antwort an die Kommission aus.

Mehrkosten durchkürzere Arbeitszeit

Wie auch immer der Plan genau ausfallen wird - eines ist jetzt schon klar: Ohne zusätzliche Spitalsärzte wird eine Arbeitszeitverkürzung für das bestehende Personal nicht funktionieren. Deshalb sieht Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger in einem APA-Interview mit einer etwaigen Neuregelung vor allem auf die Länder Probleme zukommen. Als Spitalsbetreiber müssten sie zusätzliches Personal finanzieren.

Dass es zu einer Neuregelung der Arbeitszeit kommen wird, ist für den Ärztevertreter aber unstrittig. Die Umstellung werde zwar "nicht von heute auf morgen" kommen, aber mittelfristig in etwa fünf Jahren, glaubt Wechselberger. Zusätzlich will Wechselberger auch über eine Verkürzung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit reden. Auch das wird die Kosten im Gesundheitsbereich eher erhöhen als verringern. Damit wird das Thema der Finanzierung des Gesundheitspersonals wohl auch bei den Verhandlungen zum ab 2017 geltenden Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern auf dem Tisch landen.