Wien. Erst im vergangenen Juni einigten sich Bund und Länder darauf, die Mittel für den Ausbau der Ganztagsschule auf 160 Millionen Euro pro Jahr zu verdoppeln. Das Ziel lautete: 200.000 Plätze bis zum Schuljahr 2018/19. Im August - es war Wahlkampf - träumte Bundeskanzler Werner Faymann sogar von einer weiteren Aufstockung auf jährlich 320 Millionen Euro.
Wie gesagt, damals war Wahlkampf. Seither kamen das Budgetloch und unerwartete Hypo-Milliarden, die die hehren Budgetziele - heuer unter 3 Prozent Defizit und Staatsschuldenquote unter 80 Prozent, 2016 dann ein strukturelles Nulldefizit - bedrohen. Von Aufstockung der Mittel ist da längst keine Rede mehr. Ganz im Gegenteil: Weil die Länder die Sparpläne von Gabriele Heinisch-Hosek (volle Refundierung der außertourlich eingestellten Landeslehrer, Streichung von Unterstützungslehrern, größere Klassen) zurückwiesen, holt sich die Unterrichtsministerin das nötige Geld nun aus dem Topf für die Ganztagsschule. Heuer sollen statt 160 nur 110 Millionen Euro für neue Nachmittagsbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. Ganz fix ist das noch nicht, weil die Länder noch prüfen, doch der Vorschlag wurde beim Treffen mit den Bildungslandesräten am Mittwochabend sehr wohlwollend aufgenommen. Und Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) meinte, im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen seien die neuen Sparvorgaben "das geringere Übel".
Ganz anders reagierten die Opposition, aber auch Teile der eigenen Partei, auf den Vorschlag der roten Ministerin. Für SPÖ-Mandatar und Spitzengewerkschafter Rainer Wimmer ist das Sparen bei den Ganztagsschülern "der falsche Weg" und "ein Fehler", wie er in Ö1 sagte. Kritik kam auch von AK-Präsident Rudolf Kaske ("Wir sind dagegen") und von Hannes Androsch, Initiator des Bildungsvolksbegehrens. Auch die Parteijugend kritisierte einen "massiven Rückschritt".
"Zukunftsblind"
Grünen-Chefin Eva Glawischnig sprach in einer Sondersitzung des Nationalrats zur Bildung am Donnerstag von einem "zukunftsblinden Kürzungskurs" der Regierung. Statt im Klassenzimmer zu sparen, hätte man längst mit einer Reform der Schulverwaltung beginnen können. Glawischnig erinnerte Kanzler Werner Faymann an zahlreiche Ankündigungen im Wahlkampf, etwa: "Eine Wiederwahl schafft die Möglichkeit, am Anfang besonders viel zu erledigen. Da beginne ich gleich einmal bei der Bildung." Oder: "Ich werde Bildungslobbyist." Aber eben: Das war im Wahlkampf.