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"Bruder Ewald" in der Foto-Falle

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Rekos-Spitzenkandidat Ewald Stadler steht seit Dienstag vor Gericht. Er soll FPÖ-Chef Strache mit Wehrsport-Fotos genötigt haben. Stadler selbst sieht sich als Opfer einer freiheitlichen Intrige und eines rachsüchtigen Oberstaatsanwalts.


Wien. Eigentlich sollte er europawahlkämpfen und die Bürger von seinen christlich-fundamentalen Ideen zu überzeugen suchen. Stattdessen muss sich Ewald Stadler - EU-Mandatar, Ex-Mitglied von FPÖ und BZÖ und jetzt Spitzenkandidat der "Reformkonservativen" (Rekos) - mit einer sieben Jahre alten Geschichte herumärgern. Seit Dienstag steht der bald 53-Jährige in Wien wegen des Vorwurfs der versuchten schweren Nötigung und der falschen Beweisaussage vor Gericht. Stadler soll Ende 2006 FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit brisanten Fotos erpresst haben. Der Angeklagte weist die Vorwürfe zurück und sieht sich selbst als Opfer. Und zwar gleich doppelt: einerseits einer Intrige innerhalb der FPÖ, der er damals noch angehörte, andererseits eines Rachefeldzugs von Oberstaatsanwalt Werner Pleischl.

Dieser sinne auf Revanche, weil er ihn im Justiz-Untersuchungsausschuss "auf die Finger geklopft" habe", so Stadler. Außerdem gehöre Pleischl ebenso "zur roten Reichshälfte", wie Staatsanwältin Stefanie Schön, die die Anklage vertritt. Auch das Gericht sieht Stadler als befangen an. Mit seinem Wunsch auf Verlegung des Prozesses und einem Befangenheitsantrag kam er jedoch nicht durch.

Streit ums Geld

Stadler wird vorgeworfen, Strache am 22. Dezember 2006 mit Fotos, die den FPÖ-Chef als jungen Mann bei sogenannten Wehrsportübungen zeigen, unter Druck gesetzt zu haben. Hintergrund der Geschichte sind massive finanzielle Probleme, vor denen die FPÖ nach der Abspaltung des BZÖ 2005 stand. Schließlich wollte die Partei die Freiheitliche Akademie, der Stadler vorstand, "als Cashcow zu nehmen", so der Angeklagte. Die Partei habe ein Darlehen von 500.000 Euro verlangt, doch das sei inakzeptabel weil illegal gewesen, so Stadler.

Die FPÖ gründete daraufhin kurzerhand das Freiheitliche Bildungsinstitut (FBI), das künftig die Förderungen bekommen sollte. Laut Anklage soll Stadler daraufhin Strache mit der Veröffentlichung von Fotos gedroht haben, sollte nicht die Akademie wieder als Förderungsempfänger angegeben werden. Stadler weist das zurück. Als er am 19. Dezember 2006 von der Gründung des FBI erfahren habe, sei es ohnehin zu spät gewesen, noch etwas zu ändern. Außerdem will er die Fotos erst später bekommen haben - von wem verrät er nicht. Der Informant "wäre wirtschaftlich vernichtet, wenn das herauskommt".

Aus Stadlers Sicht ging es in der Foto-Affäre um Machtfragen, nicht um die Akademie. "Man wollte mich loswerden." Der FPÖ-Chef habe befürchtet, er plane mit den Fotos einen Umsturz in der Partei. Stadler nennt das "die Paranoia des Strache". Dabei war er selber in der Partei damals eher in einer Randposition. Ob seiner tiefen Religiosität habe man ihn "Kuttenbrunzer, Kerzerlschlucker und ‚Bruder Ewald‘" genannt.

Aus Angst, dass die Bilder der Partei massiv schaden könnten, habe er sie am 27. Dezember an Hilmar Kabas geschickt, in der Hoffnung, dass dieser die Sache aufklärt. Kabas habe ihn aber zu beruhigen versucht, dass es sich nur um ein "harmloses Gotcha-Spiel" (ein anderer Name für Paintball, Anm.) handle. "Aber ich sehe auf den Fotos keine einzige Waffe, mit der man Gotcha spielt. Nur einen Haufen Rechtsextremisten", so Stadler vor Gericht.

Mitte Jänner preschte Strache dann selbst vor, nachdem die Sache ruchbar wurde, und ging in die ZiB2 - allerdings mit manipulierten Fotos, sagt Stadler. So wurden Personen weggeschnitten.

Ein Buch bringt die Wende

Der Vorwurf der Nötigung stand laut Stadler damals jedenfalls nicht im Raum. Ende Jänner habe man die Sache intern ausgeräumt - und die Versöhnung medienwirksam inszeniert. Im März trat Stadler dann aus der FPÖ aus. Nun kam - in einem internen Untersuchungsbericht der Blauen, erstellt übrigens ausgerechnet von Kabas - der Vorwurf der "glatten kriminellen Nötigung" auf. Es ging dabei allerdings nicht um die Akademie. Vielmehr habe Stadler Strache zum Rücktritt zwingen wollen.

Die Sache mit der Akademie kam erst mit einem Buch über Strache (Nina Horaczek und Claudia Reiterer: "HC Strache: Sein Aufstieg, seine Hintermänner, seine Feinde") aus dem Jahr 2009 auf. Hier hätten die Freiheitlichen plötzlich die Mär von der Parteiakademie erfunden: "Die FPÖ ist meisterhaft im Produzieren von Geschichteln."

Dass die Sache allerdings gerichtsanhängig wird, habe die FPÖ sicher nicht gewollt, sagt Stadler, schließlich könne auch den Freiheitlichen nicht daran gelegen sein, dass die Causa wieder aufkocht. Vielmehr macht Stadler den "rachsüchtigen" Oberstaatsanwalt Pleischl dafür verantwortlich. Dieser habe die Staatsanwaltschaft angewiesen, aufgrund des Buches zu ermitteln.

Heute, Mittwoch, wird der Prozess fortgeführt. Geladen ist unter anderem Hilmar Kabas.