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Ohne Deutsch keine Wohnung?

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Der FPÖ-Landesrat will in Oberösterreich geförderte Wohnungen nur bei guten Sprachkenntnissen vergeben.


Linz/Wien. Seit 23. Jänner 2006 stehen Gemeindewohnungen auch Ausländern zur Verfügung. Damals trat nämlich die EU-Richtlinie über die Gleichstellung von Ausländern, die sich langfristig in einem Mitgliedsstaat der Union niedergelassen haben, in Kraft. Sehr zum Missfallen der Freiheitlichen. Denen sind Migranten im Gemeindebau ein Dorn im Auge. Weil der Zugang zum geförderten Wohnraum aber laut EU-Recht nicht an der Staatsbürgerschaft festgemacht werden darf - in Wien etwa muss man mindestens fünf Jahre in der Bundeshauptstadt gewohnt haben, um einen Antrag stellen zu können, unabhängig von der Staatsbürgerschaft -, versucht es die FPÖ über die Deutschkenntnisse der Wohnungssuchenden. In Oberösterreich glaubt sie nun, damit erfolgreich zu sein.

Entschärftes Konfliktpotenzial?

Der blaue Wohnbau-Landesrat Manfred Haimbuchner verkündete am Mittwoch "erfreut" seinen vermeintlichen Erfolg in einer Aussendung: "Wer eine geförderte Genossenschaftswohnung in Oberösterreich haben will, muss ab sofort Deutschkenntnisse nachweisen." Die Begründung dafür lieferte er gleich mit: "In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass mangelnde Deutschkenntnisse häufig Grund für Konflikte innerhalb der Nachbarschaft darstellten. Durch die neuen Richtlinien wird dieses Konfliktpotenzial deutlich entschärft."

Als Nachweis der Sprachkenntnisse von zumindest einer Person im Haushalt genügt das Zeugnis der Integrationsvereinbarung oder ein Feststellen im Zuge der Wohnungswerbung, heißt es in der Aussendung, in der Haimbuchner weiter festhält: "Nachdem die SPÖ ihre Augen jahrelang vor dieser vorhandenen Problematik verschlossen hat, haben nun die gemeinnützigen Genossenschaften diese Idee aufgegriffen."

Letzteres stimmt allerdings nur bedingt. Die Initiative dazu kam von Haimbuchner, wie ein Brancheninsider zur "Wiener Zeitung" sagte: "Das ist von der Politik ausgegangen."

"Nicht praktikabel"

Auch dass Haimbuchner erklärt, "nach Vorarlberg und Kärnten gilt diese Regelung nun endlich auch in Oberösterreich", stimmt nicht wirklich. "Das kann ich so nicht bestätigen", sagt Lothar Hinteregger, Leiter der für Wohnbauförderung zuständigen Abteilung in der Vorarlberger Landesregierung zur "Wiener Zeitung". Es habe allerdings einmal einen entsprechenden Antrag gegeben, Sprachkenntnisse seien aber kein Kriterium der Vergaberichtlinien. Das Vorpreschen Heimbuchners sei wohl auch "mehr Politikum als sachlich gerechtfertigt", so Hinteregger.

In Kärnten hingegen gibt es seit 2011 - damals war der blaue Landesrat Christian Ragger für Wohnbau zuständig - tatsächlich eine entsprechende Regelung. Diese sei allerdings "in der Praxis nicht praktikabel", weshalb sie mit einer anstehenden Novelle zur Wohnbauförderung überarbeitet werde, so die Sprecherin von Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ).

Kritik an der neuen Vergabepraxis kam am Dienstag von den oberösterreichischen Grünen. Wohnungssprecherin Maria Wageneder kritisierte, der Landtag habe entsprechende Anträge für eine derartige "unsinnige Regelung" schon mehrfach abgelehnt. Zuletzt etwa im Oktober 2012. Jetzt setze sie Haimbuchner "durch die Hintertür" durch. Aus Sicht der Grünen ist ein derartiges Sprachkriterium zudem EU-rechtswidrig.

Doppelt EU-rechtswidrig

Thomas Stelzer, Klubobmann der ÖVP im Landtagsklub, erklärt gegenüber der "Wiener Zeitung", die Verordnung Haimbuchners sei "eine Fleißaufgabe", weil es sich ohnehin um geltendes Recht handle. Denn sowohl die Bestimmungen für die Integrationsvereinbarung als auch für die Rot-Weiß-Rot-Card sehen verpflichtende Deutschkenntnisse vor. Um also eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung zu bekommen, müsse man ohnehin Deutsch lernen.

Das gilt allerdings nur für Personen, die sich neu um eine Aufenthaltsbewilligung bemühen, nicht aber für solche mit einem alten Aufenthaltstitel. Diese müssen - ebenso wie Flüchtlinge - für ihren Titel keine Deutschkenntnisse nachweisen, erklärt Volker Frey vom "Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern". Aus Sicht des Klagsverbands verstoßen daher die neuen Vergaberichtlinien sowohl gegen Artikel 11 der EU-Richtlinie über die langfristig Aufenthaltsberechtigten (2003/109/EG) als auch gegen Artikel 32 der EU-Richtlinie über den Status von Flüchtlingen (011/95/EU).