Wissenschaftlich lässt sich nachweisen, dass Harnwegsinfekte - als einzige bedeutsame Krankheit im Kindesalter - in ihrer Häufigkeit durch Beschneidungen reduziert werden können. Statistisch wären jedoch mehr als 100 Eingriffe notwendig, um einen Infekt zu verhindern.

Abseits der körperlichen Folgen skizziert Matthias Franz in seinem Buch auch die psychischen Konsequenzen, die Beschneidungen vor allen in islamischen Kreisen haben können. Diese werden nämlich meist im frühen Schulalter vorgenommen - also genau zu der Zeit, in der sich die sexuelle Identität von Heranwachsenden herausbildet. Die spätere Sexualmoral als auch der Drang, die weibliche Sexualität kontrollieren zu wollen, könne durchaus mit den während der Beschneidung empfundenen Urängsten zusammenhängen.

Warten bis zur Mündigkeit

Wichtig ist dem Psychotherapeuten zu betonen, dass auch innerhalb der religiösen Gemeinschaften die Beschneidung nicht unumstritten ist. Im Islam handelt es sich streng genommen um keine Verpflichtung, sondern um eine Sunna, also um eine religiöse Empfehlung. Die Beschneidung könne also auch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, sobald die Mündigkeit des Betroffenen gewährleistet ist.

Auch zwei der bedeutendsten Wiener Juden ließen ihre Söhne im Übrigen nicht beschneiden: Sigmund Freud und Theodor Herzl, geistiger Vater des Staates Israel.