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Den Schwarzen Lust auf Pink machen

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik
© zaw

Sind die Neos auch eine Alternative zur ÖVP? Ja, allerdings gibt es Stolpersteine.


Wien. Den einen gilt er als Spalter des bürgerlichen Lagers, in den andern weckt er die Hoffnung auf eine "neue ÖVP". Die Rede ist von Neos-Gründer Matthias Strolz. Ausgerechnet auf einer CV-Bude versuchte der quirlige Vorarlberger die Bedenken der Konservativen zu zerstreuen und erklärte, warum Pink auch für Schwarze wählbar ist. Dabei räumte er - für Politiker doch eher untypisch - auch Fehler ein.

ÖH-Vorsitzender für die Aktionsgemeinschaft an der Uni Innsbruck, Trainee bei der Industriellenvereinigung, parlamentarischer Mitarbeiter von Karlheinz Kopf - der Lebenslauf von Matthias Strolz klingt eigentlich wie der eines typischen ÖVPlers. Und Strolz hat ja auch lange für und mit der ÖVP gearbeitet. Doch irgendwann "war ich zu eingeschränkt", sagt er. Das Korsett einer Partei, die die verschiedenen Interessen ihrer Bünde unter einen Hut bringen muss, wurde ihm zu eng. Also beschloss er, etwas Neues zu machen, etwas Postideologisches, wie er sagt. Keine Ideologie mehr, die nur einschränkt, sondern Werte, die eine Basis bilden: Freiheit, Nachhaltigkeit, Authentizität, Wertschätzung und Eigenverantwortung.

Letzteres, die Eigenverantwortung, ist für Strolz der Punkt, der die Neos auch für Schwarze wählbar macht. Schließlich sei das ein Kernpunkt der christlichen Soziallehre, auf die sich Volkspartei aber auch Vorfeldorganisationen wie der Cartellverband gerne berufen.

Volkspartei und Cartellverband. Das gehört seit Jahrzehnten wie selbstverständlich zusammen. Das Gros der ÖVP-Regierungsmitglieder ist Mitglied einer katholischen Studentenverbindung und bislang gehörte ÖVP-Wählen für CVer dazu, wie das Amen zum Gebet. Allerdings gibt es auch hier immer mehr unzufriedene, die ihr Kreuz bei der Volkspartei weniger aus Überzeugung als aus Mangel an Alternativen machen.

"Der Wirtschaftsbund steht den Neos näher als der ÖVP"

Mit den Neos könnte es nun eine solche Alternative geben. Vor allem mit dem wirtschaftspolitischen Programm können viele mitgehen. Strolz selbst sagt: "Der ÖVP-Wirtschaftsbund steht den Neos politisch näher als der ÖVP." Und auch für CVer sieht er eine politische Heimat bei den Neos, wie er bei einer Diskussionsveranstaltung einer Wiener Studentenverbindung erklärte: "Das gibt das Programm her."

Tatsächlich gibt es einige Carteller, die bei den Neos mitmachen. Auch gewählt haben sie viele (bei der Nationalratswahl übrigens eher als bei der Europawahl). Doch es gibt Punkte, die viele abschrecken: die pinke Haltung zu Familie und Religion.

In Sachen Familie sprechen sich die Neos ganz klar für die Öffnung der Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare "mit allen Rechten", also auch Adoption, aus. Damit hätten viele im CV - vor allem Jüngere - kein Problem. Die offizielle Linie des Verbands der katholischen Hochschulverbindungen ist freilich eine andere.

Die Frage der Religion wiederum ist bei den Neos unweigerlich mit einem Namen verknüpft: Niko Alm. Der pinke Abgeordnete wurde vor allem als atheistischer Aktivist bekannt (Stichwort: Nudelsieb). Für viele Gläubige ein Gottseibeiuns.

Strolz, selbst ein sehr spiritueller Mensch, lässt über Alm nichts kommen: "Niko ist großartig" und stehe fest zu den Werten der Partei. Dessen religiöse Ansichten seien aber nicht Programm der Partei. Den Neos gehe es um die Trennung von Kirche und Staat, ohne das man etwa kirchliche Schulen schlechterstellen wolle, so Strolz. Er sagt: "Die Religionen und Kirchen sind ganz wichtige gesellschaftspolitische Säulen." Ihre Rechte seien zu schützen und zu respektieren - "aber sie sind nicht sakrosankt".

"Niko Alm als Religions-Sprecher war ein Fehler"

Ihm sei bewusst, dass Alm die Gefühle von Menschen verletzt habe, so Strolz. "Und es war ein Fehler, ihn zum Religions-Sprecher der Neos zu machen." Diese Aufgabe werde demnächst er selber übernehmen, so der Neos-Chef. Letztlich seien die Fragen von Religion und Kirche aber "kein Herzensthema von uns". Und man wolle sich nicht auf derartigen Nebenschauplätzen aufreiben.

Tatsächlich hatte die Partei vor allem im Europawahlkampf mit Diskussionen zu kämpfen, die nicht oben auf ihrer Prioritätenliste stehen - wobei für viele Menschen eben diese "Nebenschauplätze" persönlich von großer Wichtigkeit sind. So musste man sich gegen Vorwürfe wehren, für Fracking, Privatisierung von Wasser oder einen EU-Beitritt Russlands zu sein. Hier habe man Themen und die Wirkung von (mitunter sarkastisch gemeinten) Bemerkungen in Nebensätzen unterschätzt, sei "ab und zu wohl zu ehrlich" gewesen und vom politischen Gegenwind überrascht worden - was bei einem Vollprofi wie Strolz allerdings doch etwas überrascht.

Dass die Europawahl für die Pinken etwas ernüchternd ausfiel, streitet Strolz nicht ab. Mein sei halt überambitioniert gewesen. Nun habe man gesehen: "Wir sind keine Überflieger." Trotzdem glaubt er, "die Neos haben das Zeug zur Volkspartei".

Damit wäre der Weg zu Pink für viele Schwarze wohl noch leichter. Auf der Studentenbude wurden Strolz’ Ausführungen jedenfalls durchaus positiv aufgenommen. "Das Programm gefällt mir", erklärte einer, "aber dieser Niko Alm ..."