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"Ich esse nie bei Chinesen"

Von Katharina Schmidt

Politik

Wehrsport-Fotos: Der angeklagte frühere blauorange Politiker Stadler erklärt vor Gericht, warum er FPÖ-Chef Strache nicht genötigt haben kann.


Wien. Eines muss man den Freiheitlichen lassen: Kamerascheu waren sie noch nie. So erschien denn auch Ewald Stadler, einst Jörg Haiders Dobermann in der FPÖ, dann EU-Abgeordneter für die von ihm selbst zuvor als "Bienenzüchter Österreichs" bezeichneten Orangen, zuletzt glückloser Anführer der Reformkonservativen bei der vergangenen EU-Wahl, am Montag schon lange vor Verhandlungsbeginn beim Saal 303 im Wiener Straflandesgericht. Gut gelaunt und entspannt stellte sich der Angeklagte in seiner Trachtenjacke, bewaffnet mit einem Sackerl "Eiszapfen", den Kameras. Er sehe dem Prozesstag "mit großer Gelassenheit" entgegen, da er wisse, dass er nichts Unrechtes getan habe, sagte Stadler. Vielmehr seien die Anschuldigungen ein Vorwand, den die FPÖ gebraucht hätte, um ihn 2007 aus der Partei hinauszudrängen.

Dabei sieht sich der 53-Jährige mit einer durchaus ernsten Anklage konfrontiert: Staatsanwältin Stefanie Schön wirft ihm versuchte schwere Nötigung und falsche Beweisaussage vor, dafür drohen sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Konkret geht es um die "Wehrsport"-Fotos, auf denen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als junger Bursch zu sehen ist und die Anfang 2007 in der Öffentlichkeit auftauchten. In der FPÖ tobte damals nicht nur ein Machtkampf zwischen Strache und Stadler, auch war die finanzielle Situation der Partei nach der Abspaltung des BZÖ äußerst prekär.

Darlehen verweigert

Die FPÖ hätte gerne von ihrer Parteiakademie, der Stadler vorstand, ein Darlehen für den Wahlkampf bekommen. "Es war die Rede von 100.000 Euro. Mehr, wenn möglich", sagte Strache im Zeugenstand aus. Als die Parteiakademie das Geld aber nicht hergeben wollte, "haben wir beschlossen, ein neues Bildungsinstitut (das FBI - "Freiheitliches Bildungsinstitut", Anm.) zu gründen und das dem Bundeskanzleramt auch als förderungswürdig darzustellen", so Strache weiter.

Logisch, dass Stadler als Chef der Akademie, der der Geldhahn zugedreht wurde, "dagegen Fundamentalopposition gemacht hat", wie es der FPÖ-Chef nannte. Doch -das behaupten zumindest die Freiheitlichen und die Anklägerin: Stadler beließ es nicht dabei. Er soll gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Robert S., der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, versucht haben, Strache mit den "Wehrsport"-Fotos zu erpressen. S. habe Johann Gudenus, heute Klubchef der Wiener FPÖ und schon damals ein enger Vertrauter Straches, vor Weihnachten mehrmals SMS mit der dringlichen Bitte um ein Treffen geschickt, sagte Gudenus im Zeugenstand. Am 22. Dezember 2006 mittags will sich Gudenus dann mit S. und Stadler im 3. Bezirk getroffen haben. Zunächst habe man sich beim Stadtwirt treffen wollen, weil der aber überfüllt gewesen sei, sei man in ein China-Restaurant ausgewichen.

Dort habe S. eine Mappe aus seinem Rucksack genommen, in der unter anderem die Wehrsport-Fotos waren. Seine beiden Gesprächspartner hätten mehrere Themen angeschnitten, zum Beispiel einen alten Drogenvorwurf gegen Strache. Aber die Fotos seien sicher am brisantesten gewesen, meinte Gudenus.

Eine mediale Bombe

"Das könnten Militärspiele im Wald gewesen sein oder Paintballspiele. Vielleicht mit Leuten, die ein schlechter Umgang sind, aber dass man das medial zur Bombe machen könnte, war mir klar", sagte Gudenus. S. und Stadler hätten ihm ein Ultimatum gestellt: Strache solle noch am selben Tag um 15 Uhr via Aussendung mitteilen, dass doch die Freiheitliche Akademie und nicht das FBI gefördert würde. Am nächsten Tag sollte er dies dem Kanzleramt sagen. Ansonsten würde man die Fotos veröffentlichen.

Gudenus fuhr sofort zu Strache ("so dringlich bin ich noch nie an Strache herangetreten"), der entschied, dass man nichts unternehmen werde. Strache fertigte auch eine Aktennotiz zu dieser Krisensitzung an. Damit und mit dem Protokoll einer Vorstandssitzung zwei Wochen später wollen Strache und Gudenus die Richtigkeit ihrer Darstellung beweisen.

Doch Stadler sieht das anders. Er sei bei der Besprechung im Chinarestaurant nicht dabei gewesen. "Ich halte fest: Ich esse nie bei Chinesen", meinte er. Er will dies nun beweisen.

Momentan steht also Aussage gegen Aussage, wobei in den Wirren des blauorangen Bruderkriegs jede der Wahrheit entsprechen könnte. Klar ist nur, dass Strache 2007 die Flucht nach vorne angetreten hat und selbst mit den "Wehrsport"-Fotos in die "ZiB2" gegangen ist. Wenig später trat Stadler aus der FPÖ aus.

Heute und am Mittwoch werden weitere prominente FPÖler befragt. Wann Richterin Andrea Philipp ein Urteil fällen wird, ist noch unklar.