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Mitterlehner will für Unis 615 Millionen Euro zusätzlich rausholen

Von Bettina Figl

Politik

Im Herbst wird das Uni-Budget bis 2016 mit dem Finanzministerium verhandelt.


Wien. Ein halbes Jahr hat Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (siehe Bild) auch das Amt des Wissenschaftsministers inne - doch für eine Bilanz ist es noch zu früh. Er wird wohl daran gemessen werden, wie viel er im Herbst bei den Verhandlungen mit Finanzminister Michael Spindelegger für die Universitäten herausholen kann.

Dabei soll das Uni-Budget für die Jahre 2016 bis 2018 festgelegt werden. Nun hat Mitterlehner angekündigt, er wolle für die Universitäten zusätzliche 615 Millionen Euro herausholen. Mehr sei "derzeit absolut unrealistisch", sagte er am Dienstagabend vor Journalisten. Angesichts der Budgetsituation gehe er auch mit der Forderung nach 615 Millionen bereits "ein hohes Risiko" ein. Er sei froh, "dass wir nicht im Juli abschließen müssen", betonte der Wissenschaftsminister. Die Summe müsse Finanzminister Spindelegger nachträglich im Finanzrahmen festschreiben.

"615 Millionen um denBetrieb aufrecht zu halten"

Die 615 Millionen seien notwendig, "um den universitären Betrieb aufrecht zu halten und Planungskontinuität zu sichern". Mitterlehner rechnet vor: Gemeinsam mit 385 Millionen Euro für die Forschung, das Institute of Science and Technology (IST) Austria und dem Ausbau der Fachhochschul-Studienplätze komme er auf eine Milliarde für Wissenschaft und Forschung, so wie sie von der Universitätenkonferenz (uniko) gefordert worden sei. Die Rektoren hatten zuvor 630 Millionen als Bedarf an Inflationsabgeltung angemeldet.

Es sei eine "erhebliche Diskrepanz", wenn Mitterlehner in die geforderte Milliarde auch Forschungsgeld für Wissenschaftsfonds FWF und außeruniversitäre Institute einberechne, entgegnet die uniko. "Für uns ist es essenziell, dass die zusätzliche Milliarde den öffentlichen Universitäten für die dreijährige Budgetperiode ab 2016 zugutekommen muss", erklärt uniko-Präsident Heinrich Schmidinger in einer Aussendung. Die Fachhochschulkonferenz (FHK) fordert wiederum, die FHs müssten bei der Uni-Milliarde stärker berücksichtigt werden. Insgesamt sei die "Uni-Milliarde" zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch es seien "zu wenig Mittel für die FHs vorgesehen. Die laut Regierungsübereinkommen bis 2018 geplanten 50.000 FH-Studienplätze pro Jahr können so nicht erreicht werden", so FHK-Chef Helmut Holzinger. Auch die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) will "eine echte Uni-Milliarde, keine Mogelpackung durch Hinzufügung der 300 Millionen von Forschung und FHs", heißt es in einer Aussendung.

Spätestens im November soll feststehen, wie viel Geld den Universitäten ab 2016 zur Verfügung steht. Doch auch die Hochschulen sollten überlegen, wie sie das zusätzliche Geld einsetzen wollen, so Mitterlehner. Fünf bis zehn Prozent der Mittel könnten stets umgeschichtet werden. Mehr Mittel könnten jene Unis bekommen, die mit Unternehmen oder anderen Hochschulen kooperieren - oder wenn sie mit Erasmus- und Auslandssemestern stark auf Internationalisierung setzen. Weiters sollten die Universitäten ihr Profil schärfen - dabei gehe es jedoch nur um "sanfte Lenkung", und nicht darum, Institute zuzusperren, betonte Mitterlehner.

Kommen weitere Zugangsbeschränkungen?

"Das größte Problem ist die Prüfungsinaktivität", sagte der Minister und sprach sich einmal mehr für weitere Zugangsbeschränkungen aus. Vier von zehn Studienbeginnern würden ihr Studium im ersten Jahr wieder abbrechen, ein Drittel aller Studierenden keine Prüfung absolvieren.

Mit den Beschränkungen dürften Universitäten, wenn es in einem Studienfach mehr Anmeldungen als Studienplätze gibt, Aufnahmetests durchführen. Seit dem Wintersemester 2013 wird das in Architektur, Biologie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften erprobt, und laut einer Evaluierung der ÖH hat dies zu einem deutlichen Rückgang der Anfängerzahlen in den betroffenen Fächern geführt. Das stärkste Minus gab es mit 60 Prozent in den Wirtschaftswissenschaften. Der Wissenschaftsminister sieht sich zu diesem Schritt gezwungen, da "Studiengebühren leider nicht möglich sind", obwohl dies für ihn "die beste Möglichkeit wäre, Angebot und Nachfrage zu regulieren".

Bei der derzeitigen Regelung gebe es einen "Selbstzerstörungsmechanismus", so Mitterlehner. Anfang Jänner soll auf Basis der Evaluierung der bisherigen Regelung mit der SPÖ darüber verhandelt werden, es könnte auch das bisherige Zahlengerüst verändert werden. Neben einer Verlängerung der bisherigen Regelung erwägt Mitterlehner nach wie vor die Ausweitung auf die Rechts- und Sprachwissenschaften frühestens ab Herbst 2015.

"Eine Drohung" ist das für die Grüne Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer. Sie kritisiert, Mitterlehner würde "PR-Arbeit anstelle von konkreter Wissenschaftspolitik" betreiben. Auch die Nachfolger der ehemaligen ÖH-Vorsitzenden halten sich mit ihrer Kritik nicht zurück: "Mitterlehner soll seine Ausweitungspläne endlich auf den Mond schießen und eine echte Finanzierung der Hochschulen fordern. Für einen freien Hochschulzugang braucht es mehr Geld, keine Beschränkungen". Für eine "ordentliche Finanzierung" seien 615 Millionen zu wenig, so die ÖH-Vorsitzende Viktoria Spielmann.

Mitterlehner sieht es anders. Er zieht eine positive Bilanz über sein erstes halbes Jahr an der Spitze des Wissenschaftsressorts: Nachdem es über die Zusammenlegung zu Beginn Unruhe in der wissenschaftlichen Community gegeben habe, nimmt er heute eine "konstruktive Stimmung" wahr. Im vergangenen Jahr hat er unter anderem die von den Studierendenvertretern lange geforderte Direktwahl bei der ÖH-Wahl umgesetzt.

Änderungen bei Rot-Weiß-Rot-Karte geplant

Mitterlehner kündigte überdies an, die Rot-Weiß-Rot-Karte auf Drittstaaten-Bürger mit Bachelorabschluss zu erweitern, außerdem müsse das Mindesteinkommen gesenkt werden. Und mit Hilfe von Leistungsvereinbarungen sollen prekäre Dienstverhältnisse wie Kettenverträge an den Universitäten bekämpft werden. Bis zur Umsetzung einer echten Studienplatzfinanzierung - also neben Platzbeschränkungen auch ein fixes Budget pro Kopf - wird es allerdings noch länger dauern. "Das ist nicht aus der Welt, nur nicht sofort möglich." Diese soll es frühestens ab 2019 geben.