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Schule im Dialog

Von Petra Tempfer

Politik

Der Volksschullehrerin Claudia Gantner reichte es. Nach 20 Jahren im öffentlichen Schuldienst gründete sie ihre eigene Schule.


Mold. 20 Jahre im öffentlichen Schuldienst waren genug. Claudia Gantner reichte es. Die Schwerfälligkeit des Systems, die geringe Autonomie der Schulen und Lehrer - "das alles geht zu Lasten der Kinder", sagt die Diplom-Pädagogin. So nahm sie einen Kredit über 300.000 Euro auf, eröffnete einen behördlichen Spießrutenlauf, wie sie es selbst bezeichnet, und gründete ihre eigene Schule. Am 1. September wird die erste private Statutschule im Bezirk Horn ihren Betrieb aufnehmen.

"Der Entschluss, meinen Traum nun endlich zu verwirklichen, fiel Ende des Schuljahres 2013", so Gantner. Damals leitete sie eine jahrgangsgemischte Integrationsklasse und hätte sich mit dem heurigen Ferienbeginn von sechs Integrationskindern verabschieden müssen, weil die Klasse für dieses Schuljahr nicht mehr zustande gekommen ist. Doch nicht nur das. "Ihre wahrscheinliche Zukunft wäre die Sonderschule gewesen."

Die "Schule im Dialog", wie Gantners Privatschule in Mold heißt, richtet sich indes an alle Schüler im Pflichtschulalter. In vorerst einer jahrgangsübergreifenden Klasse wird die Diplom-Pädagogin gemeinsam mit einer Helferin 19 Kinder unterrichten. Sie können die Lernziele der Volksschule in drei bis sechs Jahren erreichen. "Ich hole die Kinder dort ab, wo sie lernmäßig stehen. Es hat wenig Sinn, ein Kind mit zehn Jahren in eine weiterführende Schule zu schicken, wenn die grundlegenden Kulturtechniken sinnerfassendes Lesen, Schreiben und Rechnen nicht ausreichend gefestigt sind."

"Vieles läuft schon in der Lehrerausbildung schief"

Das pädagogische Konzept dahinter: Der Lehrer soll die individuellen Entwicklungsschritte der Kinder wahrnehmen und das Lern- und Arbeitstempo danach richten. "Tatsache ist auch, dass immer mehr Kinder mit Wahrnehmungsdefiziten in den Klassen sitzen. Da kann Lernen nach einem starren System nicht funktionieren", sagt Gantner, die fünf eigene Kinder hat.

Beim Schulsystem kranke es an der Basis: der Lehrerausbildung. "Ich bin tief überzeugt, dass hier viel schiefläuft", so Gantner, die auch diplomierte Pädagogin für Sensorische Integrationstherapie ist. Ihrer Ansicht nach bräuchten Lehrer neben einer intensiveren pädagogischen auch eine therapeutische Ausbildung, "um besser auf die Kinder eingehen zu können. Dann klappt auch das Lernen wieder besser."

Sogar in einer kürzeren Zeit. In der "Schule im Dialog" kennt man keinen fixen Stundenplan. Schon bald nach Unterrichtsbeginn wird eine Bewegungs- und Frühstückspause eingelegt, weitere folgen in längeren oder kürzeren Abständen. "In den Lern- und Arbeitsphasen sind Konzentration und Aufnahmefähigkeit dafür aber hoch", so Gantner.

Die Kinder werden nach dem gesetzlich vorgeschriebenen, österreichischen Differenzlehrplan sowie einem weiteren, speziell für Privatschulen entwickelten Lehrplan unterrichtet. Mit Ende eines Schuljahres wird der Lernfortschritt dokumentiert - erst vor dem Übertritt in eine weiterführende Schule gibt es Noten.

Das Öffentlichkeitsrechtwürde viele Türen öffnen

Noch hat die Schule allerdings kein Öffentlichkeitsrecht. Das würde vieles leichter machen. Dann würde die Schule mit 800 Euro pro Jahr und Kind gefördert werden (zum Vergleich: Ein Volksschulkind in einer öffentlichen Schule kostet den Staat rund 5000 Euro im Jahr). Zudem würde ein Schulbus die Schule anfahren.

Doch das ist derzeit Zukunftsmusik. Das Schulgeld liegt daher derzeit bei jährlich 5760 Euro. Damit muss Gantner die Schule erhalten und den Kredit zurückzahlen. Mit diesem hat sie das historische Volksschulgebäude von Mold - die ehemalige Michaelskirche - umgebaut und saniert.

Die Schule ist jetzt behindertengerecht und hat zwei große Klassenzimmer. Im Bällchenbad und in der Catchecke können sich die Kinder in den Pausen austoben. Was vielen Lehrern nicht bewusst sei: "Wenn ein Kind nicht still sitzt, tut es das nicht, um den Lehrer zu provozieren. Sondern, weil es oft nicht anders kann."

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Österreichweit steigt die Zahl der Privatschulen. Aktuell gibt es rund 600 davon, die von zehn Prozent aller Schüler besucht werden. Im Volksschulbereich sind es 5,7 Prozent (der OECD-Durchschnitt liegt bei 7,4 Prozent). Mit 32 Prozent gibt es an berufsbildenden mittleren Schulen den höchsten Anteil an Privatschülern.
<p class="MsoNormal">www.schuleimdialog.at

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