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Contra Rauchverbot: Gegen das Burnout

Von Clemens Neuhold

Politik

Die Gesellschaft brennt aus - aber nicht wegen der Tschick im Lokal.


Natürlich ist es unerträglich, wenn statt der Suppe die Tschick des Nachbarn dampft. Natürlich kann die Zigarette danach auch vor der Tür genossen werden - was zu netten Begleit-Erscheinungen führen kann. Die viel geschmähte "österreichische Lösung" lässt aber auch die Sitzraucher leben - in Hinterzimmern oder - ist das Lokal unter 50 Quadratmeter groß - in "Tschocherln". Als solche werden in Wien die einfach ausgestatteten, aufs Trinken, Rauchen, Schmähführen spezialisierten "Wohnzimmer" der Arbeiter und Pensionisten bezeichnet. Die sind um Eckhäuser verbreiteter als der Bio-Bohème-Bionaden-Laden. Dort ist Rauchen längst verboten, damit der Blick aufs gute, richtige, faire Leben nicht durch Qualm verdeckt wird.

Im Tschocherl aber würde es eine absolute Mehrheit wohl als unrichtig, unfair und ungut empfinden, wenn ihr von Staatslenkern, die ihr Wohnzimmer nur vom Tschocherl-Report in den ORF-"Alltagsgeschichten" kennen, die Tschick ausgedämpft wird, und wenn sie - wie vom "Pro"-Kollegen - heim in ihre vier Wände geschickt wird. Sollen sie doch dort qualmen, Spritzer trinken und schnapsen. Der Pensionist bedankt sich herzlich, er ist schon oft genug dort. Es sind dieselben Staatenlenker, von denen die Tschocherl-Besucher höhere Löhne, weniger Stress, mehr Sicherheit im Leben verlangen. Doch die Löhne sinken, die Jobsicherheit detto, der Stresspegel steigt Richtung Burnout. Der Staat scheint machtlos. Nur beim Rauchverbot, da zeigt er noch, was er kann. Im Tschocherl ist die Luft mittlerweile zum Schneiden, die Stimmung gut, die Arbeit vergessen. Ein kleiner Beitrag gegen das Ausgebrannt-Sein. Denn das ist so richtig ungesund.

Pro Rauchverbot: Eine Notwendigkeit