Ich halte den linken Zugang, nach dem der Weg zur Chancengleichheit über die Vernichtung von Exzellenz führt, für grundlegend falsch. Das Niveau wird nur nach unten nivelliert. Die zentrale Frage lautet: Was liegt hinter dem Versagen unserer Bildungssysteme? Im Kern geht es dabei um soziokulturelle Faktoren: Die Familie hat überragenden Einfluss auf den Bildungsverlauf der Kinder. Studien zeigen, dass Kinder aus benachteiligten Familien im Vergleich zu bessergestellten Kollegen über einen bis zu fünf Mal geringeren Wortschatz verfügen. Um das zu ändern, müssen wir die Eltern miteinbeziehen und eine Atmosphäre schaffen, in der Wissen und Bildung positive Werte sind. In einem sind nämlich alle Eltern gleich: Sie wollen die bestmögliche Zukunft für ihre Kinder. Und wir brauchen die besten Lehrer; auch für Akademiker mit einem Ph.D. muss es attraktiv gemacht werden, an Schulen zu unterrichten. Und dieses System muss durchlässig sein. Dazu gehört auch, andere Talente anzuerkennen, etwa handwerkliche. Hier sind Deutschland und Österreich mit ihrer Lehrlingsausbildung weit voraus.

Wird es Volksparteien wie der ÖVP gelingen, wieder ein mehrheitsfähiges Angebot zu formulieren?

Generell bin ich pessimistisch, aber es gibt Lebenszeichen. Die Voraussetzungen sind da, die Wähler auch. Das Problem ist, dass die meisten Politiker mit einer Weltanschauung in die Politik gekommen sind, die nicht mehr der Realität entspricht. Und Politik braucht starke Bilder, drei genügen, mit mutigen Visionen, die aber verstanden werden und die konkrete politische Ideen beinhalten für all jene Themen, die die Bürger berühren. Entscheidend ist aber, dass die Politik die Realität so akzeptiert, wie sie ist, nicht wie sie sie gerne hätte.