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Den Erfolg zerredet

Von Petra Tempfer

Politik

Debatte um Brustkrebs-Screening scheint kontraproduktiv: Die Zahl der Mammografien ist gesunken.


Wien. Gemessen am Aufwand, den Diskussionen, dem Marketing und den kolportierten Verbesserungen hätte das Brustkrebs-Screening-Programm, das mit Beginn dieses Jahres startete, eigentlich ein voller Erfolg werden sollen. Wurde es aber nicht. Denn trotz einiger Änderungen, die aufgrund der schwachen Beteiligung Mitte des Jahres gesetzt worden waren, ist die Zahl der Mammografien verglichen mit dem Jahr 2011 um 20 Prozent zurückgegangen.

Geändert wurde, dass die E-Card für Frauen zwischen 45 und 69 Jahren nun grundsätzlich für die Vorsorge-Mammografie freigeschaltet wird und die Frauen auch ohne Einladung zum Screening kommen können - sofern die letzte Untersuchung zwei Jahre zurückliegt. Zudem können sich Frauen zwischen 40 und 44 Jahren und ab 70 via Telefon-Hotline (0800/500/181) oder Internet (www.frueh-erkennen.at) anmelden. Am Montag haben die Initiatoren - Gesundheitsministerium, Hauptverband der Sozialversicherungsträger und Ärzte - eine Infokampagne zum neuen Screening gestartet.

Kritik in den eigenen Reihen

Dennoch regt sich Kritik in den eigenen Reihen. "Wir sind noch lange nicht dort, wo wir waren, und wo wir hinwollen", sagt Thomas Fiedler, Obmann der Bundesfachgruppe Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der Ärztekammer, zur "Wiener Zeitung". Verglichen mit 2011 sei die Zahl der Mammografien um 20 Prozent gesunken. "Dieser Rückgang ist tragisch", so Fiedler. Primär gehe es um die Gesundheit der Frauen. Denn wenn man bedenke, dass bei 5000 Neuerkrankungen pro Jahr aufgrund des Rückgangs ein Teil womöglich unentdeckt bleibt, sei das "höchst bedenklich".

Außerdem stehen die Kosten laut Fiedler "derzeit in keinem Verhältnis zum Nutzen". Allein die Infokampagne kostet 500.000 Euro, generell ist für die Organisation des Screening-Programms ein kolportiertes jährliches Budget von vier Millionen Euro nötig.

Der Großteil der Initiatoren sieht das freilich anders. "Die Zahlen aus 2011 kann man nicht vergleichen. Wirklich abrechnen wird man erst in zwei Jahren können", kontert etwa die für das Screening-Programm verantwortliche Medizinerin Marianne Bernhart. Denn 2011 gab es das aktuelle System mit der Trennung in Früherkennungs-Screenings und diagnostische Mammografien, die nach wie vor mit Überweisung in jedem Alter möglich sind, nicht.

Bis August hätten heuer 410.000 Frauen eine Mammografie durchführen lassen, Tendenz steigend. Der Anteil der Früherkennungsuntersuchungen liege bereits bei 60 Prozent. Bernhart stützt ihre Zuversicht auf Erfolgsstatistiken aus dem Ausland. In den Niederlanden, Schweden, Finnland und Großbritannien etwa, wo ähnliche Programme seit den 70er Jahren laufen, sei die Brustkrebs-Sterblichkeit um 25 bis 30 Prozent gesunken.

25 Prozent der Frauen skeptisch

Die zahlreichen Debatten, die es bereits rund um das Brustkrebs-Screening gab und gibt, könnten sich aber auch negativ auf Selbiges auswirken. Studien zufolge, die am Montag beim europäischen Krebskongress in Madrid präsentiert wurden, hegen nämlich 25 Prozent der Frauen ambivalente Gefühle für ein Brustkrebs-Screening.

Grundlage der Arbeiten war eine Befragung von Frauen zwischen 40 und 75 Jahren ohne Krebsvorgeschichte drei Monate nach Beginn der Kontroverse über nationale Brustkrebs-Screening-Programme. Laut Studie hat sich die Sicht auf das Screening bei jenen Frauen, die von laufenden Diskussionen gehört hatten, verändert: Sie gaben zu acht Prozent an, künftig seltener zur Mammografie zu gehen. Als besonders bedauerlich hob der Experte hervor, "dass neun Prozent außerdem erklärten, die Kontroverse würde ihre Teilnahme an anderen Krebs-Früherkennungs-Programmen beeinflussen".