Können Sie durch diesen Positionswechsel Inhalte besser verkaufen?
Ich hab immer gern verkauft. Sowohl Marktforschung als auch Familienpolitik. Aber in der Politik geht es nicht primär ums "Verkaufen" sondern ums Gestalten.
Hatten Sie während der Personalrochaden innerhalb der ÖVP nach dem Abgang des ÖVP-Chefs und Finanzministers Michael Spindelegger Angst, dass Ihr kleines, junges Ressort wieder aufgelöst wird?
Spekulationen sind in solchen Situationen immer hochwillkommen, aber es war von Anfang an klar -und das hat auch unser neuer Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gesagt -, dass das Kernteam gleich bleibt. Daher hatte ich keine Bedenken.
Wie haben Sie den Wechsel innerhalb der ÖVP erlebt?
Für mich ist das eine sehr positive Entwicklung, weil der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling und Harald Mahrer (Staatssekretär im Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium, Anm.) beide Unternehmer sind. Justizminister Wolfgang Brandstetter war auch Unternehmer neben seiner Tätigkeit an der Universität. Es formiert sich also eine Gruppe von Unternehmern. Diese Bündelung der Wirtschaftskompetenzen halte ich für sehr sinnvoll auf ÖVP-Seite. Denn es geht oft ums Geld in der Politik, außerdem ist man als Unternehmer daran gewöhnt, schnell - und teils auch pragmatisch - zu entscheiden.
Sie sprechen von den Unternehmern innerhalb der ÖVP. Sie selbst stehen aber dazu, parteiunabhängig zu sein. Wollen Sie diese Position nutzen, um mit Forderungen, die nicht der Parteilinie entsprechen, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen?
Mir geht es nicht um Parteiüberlegungen und darum, Zielgruppen strategisch anzusprechen. Mir geht es darum, dass ich Themen verfolge, von denen ich überzeugt bin, dass sie für die Familien in Österreich wichtig sind.
Haben Sie dafür schon Kritik in den eigenen Reihen einstecken müssen?
Diskussionen würde ich sagen. Wenn Themen keinen Diskussionsprozess einleiten, gäbe es auch keine Veränderung.
Diskussionspunkte waren Ihr Einsatz für die Ganztagsschule, für Homosexuelle als Pflegeeltern und kürzere Karenzzeiten. Wie sieht es mit der Frauenquote aus?
Mein Zugang ist der einer freiwilligen Flexi-Quote, wobei man über diesen Namen noch diskutieren kann. Das könnte so aussehen, dass die Unternehmen und Sozialpartner je nach Branche und Unternehmensgröße eine Zielvorgabe festlegen, die in Selbstverpflichtung zu erfüllen ist. Also ohne gesetzliche Verankerung, wie es die SPÖ fordert.
Und wie sehen Sie die Frauenquote in der Politik?
Ich finde es sehr wichtig, dass mehr Frauen in die Politik gehen. Da müssen wir wirklich einen Fifty-fifty-Anteil anstreben. Ob es über ein Reißverschluss-System funktioniert, wie das die ÖVP-Frauen wollen, oder über Quoten, wie das die SPÖ will, ist egal.
Sie sind selbst Mutter zweier Söhne. Was hat bei Ihnen Vorrang: Beruf oder Familie?
Die Familie ist für mich immer das Wichtigste. Wenn etwas gegen die Grundinteressen der Familie gehen würde, dann weiß ich, wo meine Priorität liegt. Aber natürlich ist es ein tägliches
Austarieren. Die Unterstützung durch meinen Mann, meine Mutter und meinen Bruder hat es möglich gemacht, dass ich nach der Karenz bald wieder arbeiten gehen konnte.
Was ist Familie für Sie?
Familie beschreibt sich für mich nicht über gesetzliche oder biologische Determinanten. Familie ist das Gefühl, sich zuhause zu fühlen. Es ist ein Geflecht aus Verbundenheit, Vertrauen, Solidarität und Loyalität. Letztendlich ist es mit Liebe zu beschreiben.
Zur Person
Sophie Karmasin
(Jahrgang 1967) ist seit Dezember 2013 Familien- und Jugendministerin. Karmasin ist parteiunabhängig, wurde allerdings von der ÖVP in die Regierung entsandt. 2006 hatte die Psychologin und Betriebswirtschafterin die Führung des Motivforschungsinstituts ihrer Eltern übernommen und war später auch Gesellschafterin des Gallup-Institutes, trat jedoch mit der Bestellung zur Ministerin ihre Anteile an ihren Mann ab. Heute ist das Unternehmen verkauft. Karmasin hat zwei Söhne (11 und 14 Jahre alt).