Zum Hauptinhalt springen

Diese ÖIAG ist am Ende

Von Reinhard Göweil und Marina Delcheva

Politik

Nach OMV-Debakel reicht es der Regierung, Reform-Team soll die Staatsholding rasch wieder auf Kurs bringen.


Wien. "Die Umsetzung unserer Strategie liegt im Plan, da Eigentümer und Management an einem Strang ziehen. Die ÖIAG hat gemeinsam mit dem Syndikatspartner IPIC unseren Kurs unterstützt und mit ihren Entscheidungen einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg geleistet. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit unseren stabilen Kernaktionären." So wird Gerhard Roiss im jüngsten Geschäftsbericht der ÖIAG zitiert, den der damalige Aufsichtsratspräsident Peter Mitterbauer am 26. Juni 2014 unterzeichnete. "Wir haben versucht, Einigkeit im Vorstand herzustellen, aber das war nicht möglich. Der Aufsichtsrat musste die Weichenstellungen vornehmen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, das Unternehmen zu schädigen, wenn man da zusieht", sagte ÖIAG-Vorstand und OMV-Aufsichtsratspräsident Rudolf Kemler am 15. Oktober zu "News".

In weniger als vier Monaten soll sich also der Vorstand der OMV zerkracht und keine Einigkeit über die künftige Strategie des Großunternehmens gefunden haben. "Das ist völliger Unsinn", sagt ein Manager aus dem ÖIAG-Umfeld zur "Wiener Zeitung". "Dass Gerhard Roiss kein einfacher Manager ist, ist sattsam bekannt." Den Stein ins Rollen brachte eine Indiskretion, der "Presse" am 9. Oktober mitgeteilt, wonach Roiss vorzeitig gehen müsse. Das habe das OMV-Aufsichtsratspräsidium (unter Führung Kemlers, Anm. d. Red.) so beschlossen. Und hat sich damit bei der Aufsichtsratssitzung am 14. Oktober erstaunlich schlecht durchgesetzt.

Nach elfstündiger Sitzung, in der es recht turbulent zugegangen sein soll, wurde vereinbart, dass Roiss im Juli 2015 ausscheiden wird. Sein bis 2017 laufender Vertrag wird ausbezahlt, was mindestens drei Millionen Euro kosten wird, wie Personalberater schätzen. Die vorzeitige Vertragsauflösung des Gas-Vorstandes Hans-Peter Floren wird nur etwas weniger kosten.

"Einen angeblich heillos zerstrittenen Vorstand noch länger als acht Monate im Amt zu belassen, ist doch seltsam", ätzte ein Top-Manager. Auch die wegen der erfolgten Indiskretion und den folgenden Aktienkursverlusten erstattete Strafanzeige gegen unbekannt, ist eher nicht die Idee von Rudolf Kemler und der ÖIAG gewesen, sondern kam als dringender Wunsch von Aufsichtsratsmitgliedern. So wird es wenigstens am Tag nach der Sitzung kolportiert. Wie unprofessionell die Aufsichtsratssitzung am Dienstag verlauf ist, zeigt sich auch an der Tatsache, dass OMV-Finanzchef David Davies gar nicht anwesend war, obwohl er zumindest als Interims-Nachfolger im Gespräch war. Er sei im Urlaub gewesen und sei weder über die kurzfristig anberaumte Vorstandssitzung noch über die Personalrochaden informiert worden.

Mehr politische Mitsprache

Die Vorgänge rund um die OMV haben die Politik jedenfalls endgültig aufwachen lassen. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner forderte am Mittwoch recht unverblümt, den Vertrag von ÖIAG-Vorstand Kemler noch im Oktober zu kündigen - was möglich ist. Schelte gab es zum wiederholten Mal auch von Finanzminister Hans Jörg Schelling, der die OMV-Querelen als "unprofessionell" kritisierte. Rückhalt für Kemler gibt es nicht einmal mehr in den eigenen Reihen. ÖIAG-Aufsichtsratschef Siegfried Wolf ist sauer, weil Kemler im Alleingang fuhrwerkt und die Situation in der ÖIAG und ihren Betrieben nicht unter Kontrolle zu haben scheint. Seitens der ÖIAG wollte man weder die Kritik an Kemler noch die politische Forderung nach mehr Mitsprache kommentieren.

"Dieser Selbsterneuerungsklub kann nicht länger bestehen bleiben", sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Die jüngsten Turbulenzen seien ein Zeichen dafür, dass eine Reform dringend notwendig sei. Zur Erinnerung: Unter der schwarz/blauen Regierung von Wolfgang Schüssel war das ÖIAG-Gesetz dahingehn reformiert worden, als der Aufsichtsrat des Gremiums sich fortan selbst erneuern durfte. Damit hat die Regierung de facto jegliches Mitspracherecht in jener Holding verloren, welche die Unternehmensbeteiligungen des Staates verwaltet. Und das soll sich wieder ändern.

Taskforce ÖIAG

Schon bei der Regierungsklausur in Schladming haben Bundeskanzler Faymann und sein Vize eine umfassende ÖIAG-Reform angekündigt, um wieder mehr Mitsprache in der Staatsholding zu bekommen. Das Team, das die Missstände bei der ÖIAG wieder geradebiegen soll, steht Informationen der "Wiener Zeitung" zufolge schon fest. Mitglieder der Arbeitsgruppe-ÖIAG sind: Kanzler Werner Faymann, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Finanzminister Hans Jörg Schelling und Justizminister Wolfgang Brandstetter. Unterstützung bekommen die Minister von Berndorf-Geschäftsführer Norbert Zimmermann, ÖGB-Chef Erich Foglar, ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzende Brigitte Ederer und Werner Muhm, Direktor der Arbeiterkammer Wien. Ederer, Muhm und Foglar wurden von Faymann bestellt, Schelling, Brandstetter und Zimmermann von Mitterlehner. Erste Sitzungen soll es in den kommenden Wochen geben. Ende des Jahres ist ein Reform-Entwurf geplant. 2015 soll dann so bald als möglich ein neues ÖIAG-Gesetz beschlossen werden.

Die Personenwahl erscheint plausibel. Brigitte Ederer ist erst vor kurzem aus dem ÖIAG-Aufsichtsrat ausgeschieden und kennt das Gremium wie kein anderer. Vor ihrem Abgang hat sie den Vertrag zur Telekom-Übernahme von Carlos Slims Amerika Movil abgelehnt. Sie hat sich wiederholt für mehr politische Mitsprache ausgesprochen und am Mittwoch das Vorgehen Kemlers rund um die OMV-Querelen stark kritisiert. Muhm war immer wieder als Anwärter für den ÖIAG-Chefsessel im Gespräch und gilt als Mann Faymanns. Auch er fordert schon länger eine ÖIAG-Reform. Fast schon ironisch ist die Tatsache, dass Zimmermann 1988, damals Geschäftsführer beim Industriebetrieb Berndorf, den Betrieb der ÖIAG abgekauft hat. Berndorf war der erste verstaatlichte Betrieb, der vom Management verkauft wurde. Zimmermann war es gelungen, die Politik vom Kauf zu überzeugen und den Standort Berndorf damit zu sichern. Foglar hat wiederholt bemängel, dass der Staat die Kontrolle über seine Unternehmen verliert, und den ÖIAG-Aufsichtsrat kritisiert.