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Die Bandbreite der Eskalation

Von Matthias Nagl

Politik

Wie die Bundesländer mit der Herausforderung der neuen Arbeitszeiten für Spitalsärzte umgehen.


Salzburg. Es sollte eine Verbesserung werden. Doch das neue Arbeitszeitgesetz für die Spitalsärzte sorgt nun dafür, dass sich die Länder als Spitalsbetreiber und die Ärztevertreter quer durch Österreich in verschiedenen Eskalationsstufen gegenüberstehen.

Erst vor knapp drei Wochen hat der Nationalrat das Gesetz beschlossen, das mit rund einem Jahrzehnt Verzögerung eine EU-Vorgabe erfüllt und die Maximalarbeitszeiten für Spitalsärzte bis zum Jahr 2021 auf 48 Stunden begrenzt. Mit der Änderung der Arbeitszeit, die mit Anfang 2015 startet, geht in den meisten Bundesländern auch ein neues Gehaltsschema einher, das diese als Spitalserhalter zu tragen haben.

30 Prozent gefordert

Die Gespräche um die Gehälter werden bundesweit in verschiedenen Eskalationsstufen geführt. Am weitesten fortgeschritten ist die Eskalation in Kärnten. Dort sind die Verhandlungen am Freitag abgebrochen worden, am Donnerstag gibt es mit einer Demonstration die erste Protestveranstaltung der Ärztekammer. Sie fordern eine 30-prozentige Erhöhung ihres Grundgehalts. Das Angebot des Landes, 15 Prozent auf drei Jahre gestaffelt als Ausgleich für wegfallende Überstunden zu bezahlen, wurde von der Kammer abgelehnt.

Verschärft wird die Lage durch die angespannte finanzielle Situation des Landes. "Wir haben finanziell das absolute Maximum angeboten, mehr kann sich das Land angesichts der Situation einfach nicht leisten", sagt Landeshauptmann Peter Kaiser. Die Mehrkosten für das vorgeschlagene System beliefen sich auf 13,5 Millionen Euro.

Weiter ist man in der benachbarten Steiermark. Dort einigten sich Land und Ärztevertreter kurz vor Beschluss des Arbeitszeitgesetzes. Die Grundgehälter werden zwischen 10 und 18 Prozent erhöht, allein für 2015 bedeutet das Mehrkosten von 28 Millionen.

Im Spannungsfeld zwischen relativ niedrigem Grundgehalt und hohen Verdienstmöglichkeiten bei langen Arbeitszeiten standen die Ärzte bisher überall. Mehrmals warnte die Ärztekammer in den letzten Jahren davor, dass die Spitalsärzte Burn-out gefährdet seien. "Die Ärzte haben das Problem, dass sehr viel des Einkommens über Mehrarbeit abgegolten wird. Wir waren nie glücklich darüber, dass das gute Einkommen nur durch Mehrarbeit über ein verträgliches Maß hinaus möglich war", sagt Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger zur "Wiener Zeitung". In der Steiermark wird dieses Verhältnis nun abgeschwächt: Künftig soll sich das Einkommen aus 75 Prozent Grundgehalt und 25 Prozent Journaldiensten zusammensetzen.

Die Steiermark wird von den Salzburger Spitalsärzten als Vorbild gesehen. Aktuell werfen Land und Ärztevertreter in der öffentlichen Diskussion mit verschiedenen Rechenbeispielen zur Reform um sich. Auch in Salzburg haben die Ärzte dem Vorschlag des Landes noch nicht zugestimmt. Das Angebot des Landes sieht eine durchschnittliche Erhöhung der Grundgehälter um zehn Prozent vor. Das bedeutet für das Land Salzburg Mehrkosten von vier Millionen Euro.

Konfliktpotenzial beim AKH

In Wien sind die Verhandlungen erst kürzlich angelaufen. Die Ärztekammer fordert wie in Kärnten eine 30-prozentige Erhöhung des Grundgehalts. Beim AKH gibt es allerdings Konfliktpotenzial, die MedUni Wien sieht vor 2016 keinen Spielraum für höhere Gehälter. Die Ärztekammer plant, mit einem Verzicht auf Überstunden Druck auszuüben.

In Oberösterreich stehen die Verhandlungen noch bevor. Allerdings wünscht sich auch dort die Ärztekammer eine "deutliche Erhöhung des Grundgehalts". Die Gespräche mit dem Land könnten ebenfalls langwierig werden. "Wir sind darauf vorbereitet, nötigenfalls unseren Druck durch landesweite Aktionen zu erhöhen", zitieren die "Oberösterreichischen Nachrichten" aus einem Rundschreiben der Ärztekammer.

Niederösterreich hat mit dem Spitalsärztegesetz des Jahres 2012 Vorarbeit geleistet und bleibt auch ohne neuerliche Gehaltsanpassungen im Gesetzesrahmen. Das Burgenland will notfalls mit Neueinstellungen gegensteuern.

Auch im Westen ist die Situation weniger dramatisch. In Tirol ist für Anfang 2015 schon ein neues Gehaltsschema fixiert, das Verbesserungen für Jungärzte und höhere Grundgehälter bringt. Allerdings steht in den Gemeindespitälern eine Einigung noch aus. Vorarlberg hat bereits im vergangenen Jahr eine Gehaltsreform durchgeführt, deshalb sind nun nur mehr geringfügige Änderungen notwendig. Die Mehrkosten nach der Reform liegen bei 13,5 Millionen Euro jährlich.