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Weniger arbeiten fürs gleiche Geld

Von Petra Tempfer

Politik

Seit dem Gesetzesbeschluss zur Arbeitszeit-Verkürzung für Spitalsärzte eskaliert der Streit ums Gehalt in den Bundesländern.


Wien. Wer als Arzt in einem Kärntner Spital an der Grenze zur Steiermark arbeitet, darf mit gutem Grund neidisch auf seine Kollegen im benachbarten Bundesland sein: In der Steiermark hat man sich kurz nach dem Gesetzesbeschluss zur Arbeitszeitverkürzung, mit dem man einer EU-Vorgabe nachkommt, auf eine neue Gehaltstabelle geeinigt. Die Grundgehälter werden um bis zu 18 Prozent erhöht. Kärntens Spitalsärzte hingegen gingen in der Vorwoche für 30 Prozent mehr Geld auf die Straße. Am Montag begegnete ihnen das Land mit dem Kompromissvorschlag, die Grundgehälter ab Jänner um 15 Prozent zu erhöhen. Die Ärzte wollen am Freitag darüber abstimmen.

Die Aufregung ist groß in der Ärzteschaft. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern waren selten so deutlich. Tatsache ist, dass das neue Spitalsarbeitszeitgesetz mit 1. Jänner in Kraft tritt. Spätestens ab 2021 darf kein Spitalsarzt mehr länger als 48 Stunden pro Woche arbeiten (derzeit sind es 72 Stunden), davor hat er die Möglichkeit, aus der Neuregelung hinauszuoptieren.

Auch die maximalen Wochenenddienstzeiten sollen von derzeit 49 Stunden auf 25 Stunden reduziert werden. Damit fallen freilich lukrative Überstunden und Zulagen weg. Österreichs Spitalsärzte, die im internationalen Vergleich ein geringes Grundgehalt bekommen, trifft das sehr hart.

Bei der Konferenz der Gesundheitsreferenten in Pamhagen im Burgenland in der Vorwoche war daher die Spitalsärzte-Problematik zentrales Thema. Die Länder hätten sich darauf verständigt, sich inhaltlich auszutauschen, um österreichweit eine "relativ einheitliche Vorgangsweise" für Gehaltsverhandlungen, bei der Entlohnung und den Arbeitsbedingungen in den Spitälern herzustellen, hieß es.

Aktuell ist man davon aber weit entfernt. Die Regelungen sind sehr unterschiedlich. Ein akuter Ärztemangel droht. Die Steiermark, Salzburg und Kärnten meldeten einen Zusatzbedarf von hunderten Ärzten an, der Millionenkosten verursachen würde.

Die Steiermark spricht von konkret 35 Millionen Euro, die die Anhebung der Gehälter um bis zu 18 Prozent kosten wird.

Kärnten hatte seinen Spitalsärzten bereits vor deren Demonstration ein 15-prozentiges Gehaltsplus gestaffelt auf vier Jahre angeboten. Das liege im Rahmen der Möglichkeiten von 13,5 Millionen Euro Mehrkosten - die Spitalsärzte hatten allerdings auf ihrem 30-prozentigen Gehaltsplus beharrt. Damit würden sie das, was sie derzeit bei 60 Wochenstunden verdienen, schon bei 48 Stunden bekommen. Ob sie auf den Kompromissvorschlag und den Wegfall der Staffelung eingehen, wird sich am Freitag weisen.

In Salzburg hat man angekündigt, sich an der Steiermark orientieren zu wollen. Ab 1. Juli 2015 soll das Grundgehalt um bis zu 18 Prozent steigen. Schon ab 1. Jänner sollen Spitalsärzte geringfügig mehr Geld für Nachtdienste bekommen.

Die Ärztekammer Wien fordert wie jene in Kärnten um 30 Prozent mehr Grundgehalt. Die MedUni Wien -sie stellt das ärztliche Personal im AKH - will über eine Erhöhung verhandeln, eine Arbeitsgruppe soll eingesetzt werden. Heute, Dienstag, ist eine Betriebsversammlung im Wiener AKH anberaumt.

In Niederösterreich wurde schon 2012 eine Novelle des Spitalsärztegesetzes verabschiedet. Nur ein Drittel der Ärzte in den Landeskliniken arbeite mehr als 48 Stunden, heißt es von der Holding. Das Land geht davon aus, ohne zusätzliches Personal auszukommen.

Oberösterreich will abwarten, bis das Gesetz beschlossen ist.

Das Burgenland hat am Montag angekündigt, dass es für die Spitalsärzte in einer Übergangsphase keine Reallohnverluste geben soll. Die Gehaltsverhandlungen starten im Dezember und sollen bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein.

Kein Kopfzerbrechen bereitet die Arbeitszeitreduktion offenbar dem Tiroler Krankenanstaltenbetreiber (Tilak). Bei den von der Tilak betriebenen Spitälern gebe es "schon länger" eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden, hieß es. Zudem wird mit Jahreswechsel ein neues Gehaltsschema für alle medizinischen Berufsgruppen in Kraft treten, mit dem vor allem die Gehälter der Jungen steigen sollen.

Die Vorarlberger Ärztekammer geht vorerst einen anderen Weg. Sie empfiehlt den Ärzten, befristet aus der EU-Vorgabe zu optieren. Diese Maßnahme soll den Krankenhausträgern Zeit für die nötigen Strukturveränderungen und Gehaltsverhandlungen verschaffen.