Wien. Laut der Belgrader Zeitung "Vecernje novosti" gehört der am Freitag in Wien festgenommene Prediger Mirsad O. nach einer Analyse der bosnischen Geheimdienste zu einer Gruppe von 200 führenden Dschihadisten aus Bosnien, dem serbischen Sandschak und dem Kosovo. Demnach befänden sich die Chefs der sogenannten "bosnischen Zelle", die als stärkste Dschihadisten-Gruppe Europas bezeichnet wird, in Wien. Von den insgesamt 14 bei der Razzia festgenommenen Personen wurde über acht U-Haft verhängt.
Als Nummer eins der Gruppe wird Muhammad Fadil P., Imam der Tewhid-Moschee (Tauhid-Moschee) in Wien-Meidling, genannt. Seine Salafisten-Organisation mit Sitz im zwölften Bezirk sei die wichtigste logistische und finanzielle Stütze der Dschihadisten in Europa, so das Blatt unter Berufung auf die Geheimdienste.
Extremismus-Hotline eingerichtet
Demnach gehörte Mirsad O. zu einer Kleingruppe von acht führenden Dschihadisten in der südwestserbischen Region. Diese wiederum sei ein Bestandteil der "bosnischen Zelle". Der mutmaßliche Anführer der Sandschak-Gruppe, Abid P., sowie vier weitere Personen sollen sich an Terroraktionen des IS in Syrien beteiligt haben, er ist derzeit auf der Flucht.
Die Wurzeln der radikalen Islamistenbewegung in Bosnien liegen in den 1990er Jahren. Während des Bosnienkrieges (1992-1995) kamen zahlreiche islamistische Freischärler ins Land, um die bosnischen Muslime im Kampf gegen Serben und auch Kroaten zu unterstützen. Viele erhielten nach Kriegsende die bosnische Staatsbürgerschaft.
Der festgenommene Mirsad O. soll unter anderem in jener Moschee in Wien gepredigt haben, die auch von Mädchen besucht wurden, die sich dem IS angeschlossen haben. Unter anderem wegen dieser Fälle, die große mediale Aufmerksamkeit erregt haben, wollte die Regierung eine Hotline installieren, vor allem für Angehörige, Freude und Lehrer, die Radikalisierungstendenzen bei Jugendlichen bemerken. Nach einigen Verzögerungen wurde die neue "Beratungsstelle Extremismus" präsentiert. Dabei gehe es nicht nur um Dschihadismus, wie Familienministerin Sophie Karmasin erklärte, sondern um alle Formen des Extremismus. Die Hotline ist in ihrem Ressort angesiedelt.
Neben der Hotline bestehe die Beratungsstelle aus einem mobilen Team, deren Mitarbeiter für Kriseninterventionen ausgebildet seien, auch Familienberatungsstellen sind einbezogen. Die Beratung erfolgt anonym und kostenlos. Sollte aber im Gesprächsverlauf deutlich werden, dass Gefahr in Verzug bestehe, würden die persönlichen Daten - nach Rücksprache mit dem Anrufer - an den Verfassungsschutz weitergegeben, erklärte Karmasin. Beraten wird in fünf Sprachen (Deutsch, Türkisch, Englisch, Arabisch und Persisch), wobei das Angebot laut Karmasin erweitert werden soll. Dass Bosnisch-Kroatisch-Serbisch nicht dabei ist, obwohl Extremismus in der bosnischen Szene auch Thema ist, wurde damit erklärt, dass diese Community erfahrungsgemäß gut Deutsch spreche.