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Wie Novomatic gegen das Automatenverbot aufrüstet

Von Clemens Neuhold

Politik
"Ab 18"-Schild: nicht ausreichend für Jugendschutz?
© Neuhold

Spielgeräte, die ab Neujahr illegal sind, werden mit High-Tech-Fingerprintsystem ausgestattet. Mit welchem Kalkül?


Wien. Anfang Dezember krachte es zwischen der Stadt Wien und dem Glücksspielriesen Novomatic. Grund ist das Verbot für Automaten außerhalb von Kasinos. Als Novomatic verlautbarte, das ab Neujahr geltende Verbot zu ignorieren, zeigte sich SPÖ-Stadträtin Ulli Sima "befremdet" und warf Novomatic vor, den Rechtsstaat zu übergehen.

Die Überraschung überrascht. Denn spätestens im Oktober hatte Novomatic fix beschlossen, das Automatenverbot zu ignorieren - für jedermann sichtbar. Nur so ist eine beträchtliche Investition in hunderte Wiener Automaten erklärbar, die seit Monaten läuft: Geräte in 80 Admiral-Wettcafés bekommen ein biometrisches Fingerprint-System. In den Wettcafés sind die Automaten die Cash-Cows schlechthin, wetten alleine wirft zu wenig Gewinne ab.

Und so funktioniert das Zutrittssystem: Spieler deponieren nach Vorlage eines Ausweises ihren Fingerabdruck. Der wird codiert gespeichert. So können Spieler die Automaten-Kabinen neben den Wettcafés per Fingerprint betreten, Gewinne im Wettcafé cashen oder dort Getränke kaufen.

Geheime Absprache?

Warum gibt Novomatic viel Geld für Automaten aus, die bald nicht mehr stehen dürften? "Wir handeln rechtmäßig. Freiwillig - ohne gesetzlich verpflichtet zu sein - setzen wir unser innovatives Fingerprint-Zutrittssystem für einen umfassenden Jugendschutz ein", sagt der Sprecher. Novomatic stützt sich auf zwei Rechtsgutachten von Verfassungsrechtlern, wonach Automaten mit laufender Konzession nicht verboten werden dürfen. Der Konzern wird Klage einbringen und lässt einfach weiterzocken. Die Stadt wiederum stützt sich auf Rechtsgutachten des Verfassungsdienstes.

In der Branche wird angesichts der Automaten-Aufrüstung bereits über eine Geheimabsprache mit der Politik gemunkelt. Andere Aufsteller ziehen bereits mit eigenen Zutrittssystemen nach. Aufgehen würde die offensive Strategie Novomatics, wenn Finanzpolizei und Behörden der Stadt ab 1. Jänner nur lax kontrollieren und keine Automaten einziehen. Sollte sich dann der politische Wind rund um die Wien-Wahlen drehen, könnte Novomatic - mit Verweis auf verstärkten Jugendschutz - um einen Fortbestand der Automaten buhlen.

Wie viel investiert wird, verrät Novomatic nicht. Billig kann es nicht sein. Denn die Zutrittssysteme sind im Freien und müssen bei minus 20 Grad genauso funktionieren wie bei plus 40 Grad. Doch ist das Einsammeln von Fingerprints datenschutzrechtlich gedeckt? Der Konzern meint: "Selbstverständlich. Das Zutrittssystem basiert auf Anonymität." Auch Hans Zeger von Arge Daten hat keine Bedenken. Es würden nicht Fingerabdrücke an sich, sondern Entsprechungen gespeichert. Problematisch sei es nur dann, wenn die Polizei die Muster lesen könne. Die habe nämlich weitreichende Befugnisse, nach Daten zu fragen.