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Hofburg: Die große Chance

Von Clemens Neuhold

Politik

Griss versus Van der Bellen 2016: Für viele ein Traumfinale um die Hofburg. Wie realistisch ist es?


Wien. Ein Synonym für "kokettieren" laut Duden: "den Hof machen". Im Fall von Irmgard Griss und Alexander Van der Bellen machen Medien, Parteigenossen und Polit-Experten ihnen den Hof, 2016 für die Hofburg zu kandidieren - und beide kokettieren zumindest damit. Irmgard Griss, der besonnene Shootingstar des Jahres 2014, meinte in einem Interview mit der "Krone", sie würde "darüber nachdenken", wenn sich SPÖ und ÖVP auf sie als unabhängige Kandidatin einigten.

Am Montag beteuerte die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission im "Ö1-Mittagsjournal", sie hätte mit dieser Aussage nur beschreiben wollen, wie unwahrscheinlich dieses Szenario sei. "Keine öffentlichen Ämter mehr?", hakt der Moderator nach und sie meint nach einer langen Pause: "Man weiß nie, was das Leben bringt."

Schon länger übt sich Alexander Van der Bellen ("VdB") in der Disziplin des Kokettierens statt Dementierens. Der ehemalige Chef der Grünen surft gekonnt auf der Welle, die seine Parteikollegen im Herbst lostraten, um ihn in die Hofburg zu spülen.

Welle ausdem Internet

Es begann damit, dass sich die Grünen die Internet-Domain www.vdb2016.at sicherten; ging weiter mit scheinbar zufälligen Appellen über Social Media; gipfelte in Standing Ovations beim vergangenen Bundeskongress der Grünen, als Parteichefin Eva Glawischnigg seine Kandidatur in einem Schlenkerer befürwortete. Van der Bellen verwies ausweichend auf sein Alter - er ist 70 - und meinte, er trete zudem nur an, wenn er eine realistische Chance hätte. Alles bleibt offen.

"Einen Van der Bellen kannst du nicht unter Druck setzen", sagt der Wahlkampfmanager der Grünen, Martin Radjaby. Ein anderer Grüner sagt im Hintergrund, dass die Partei die erste Welle nie losgetreten hätte, wenn Van der Bellen keine positiven Signale gesendet hätte. "Mein persönliches Gefühl ist: Er macht es."

Van der Bellens Beliebtheit geht weit über die Kernwählerschicht der Grünen hinaus. Ein chancenreicher Kandidat, der nicht rot oder schwarz ist, wäre ein Novum. Doch ein noch größeres Novum wäre eine chancenreiche, unabhängige und weibliche Kandidatin Irmgard Griss.

Aus den Zentralen von SPÖ und ÖVP heißt es, es sei viel zu früh, sich festzulegen. Gegen die rot-schwarze Kandidatin spricht erstens, dass sich beide nach wie vor als Großparteien sehen und das mit einem eigenen Hofburgkandidaten unter Beweis stellen möchten. Zweitens ist ein Pas-de-deux von zwei Parteien schwer vorstellbar, die schon in Fragen wie dem Freihandelsabkommen TTIP oder der Steuerreform auf zwei verschiedenen Planeten zu leben scheinen. SPÖ-Intimkenner und ehemaliger Kampagnenleiters von Bundeskanzler Viktor Klima, Josef Kalina, empfiehlt beiden trotzdem, sich einen Ruck zu geben.

Einigkeit stattKoalitionskeil

"Griss versus Van der Bellen wäre fürs Land unglaublich charmant." Griss trete gewandt auf, könne formulieren, Sachverhalte gut erklären und wäre ein Signal an die Frauen. Van der Bellen wäre wiederum für Linke bis hin zu Bürgerlichen wählbar.

Angesichts der realen Möglichkeiten des Bundespräsidenten rät Kalina SPÖ und ÖVP, sich polarisierende Parteiwahlkämpfe um die Hofburg zu ersparen. Die seien nämlich angesichts der vielen Baustellen der Regierung "schwer übertrieben". Wahlkämpfe würden sich am Schluss immer zuspitzen, weil sie in Niederlagen für die eine oder andere Partei endeten, "ein weiterer Keil in der Zusammenarbeit der Koalition."

Auch bei FPÖ und Neos hat Griss ihre Fans. "Sie hat hervorragende Arbeit geleistet. Wir stehen ihr positiv gegenüber", sagt ein FPÖ-Sprecher. Prinzipiell trete die FPÖ aber schon mit eigenen Kandidaten zur Wahl an. Infrage kämen aus Sicht der Partei der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, Rechnungshof-Präsident Josef Moser oder Volksanwalt Peter Fichtenbauer.

Die Neos werden sich einen teuren Wahlkampf ohne Aussicht auf einen Sieg wohl ersparen. Offiziell sagt ein Sprecher zum jetzigen Zeitpunkt dazu nur: "Je breiter die Unterstützung für einen Kandidaten, desto besser." Sowohl Van der Bellen als auch Griss seien interessante Kandidaten. www.griss2016.at ist übrigens noch frei.