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Pegida kommt nach Wien

Von Clemens Neuhold

Politik

Pegida Österreich ruft zur Demo auf und sieht sich "nahe am Ziel". Auch die Identitären planen neue Aufmärsche.


Wien. Pegida, die Bürgerbewegung gegen die "Islamisierung des Abendlandes", plant nun auch in Österreich eine Großdemo. Kurz vor dem Anschlag auf die Pariser Satirezeitung "Charlie Hebdo" mit vermutlich islamistischem Hintergrund und zwölf Toten postete Pegida Österreich auf Facebook: "Ende Jänner/Anfang Februar planen wir unsere erste Kundgebung in Wien." Derzeit würden Routen gesucht, Megafone, Transparente und Bühnen organisiert.

"Wir sind sehr nahe am Ziel", heißt es in der Mitteilung. Bei der Wiener Polizei ging noch keine Anmeldung für die Demo ein. Die Organisatoren treten namentlich nicht in Erscheinung. Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" heißt es, man wolle aus rechtlichen Gründen vor dem "Spaziergang" keine weitere Stellungnahme abgeben.

Im Posting wird ausdrücklich erwähnt, dass "jeder willkommen" sei, der "sich gegen den radikalen Islamismus, die Scharia ausspricht und friedlich ein Zeichen setzen möchte". Es sei egal, von welcher Partei, Bewegung, Organisation oder Nationalität man sei. Transparente anderer Parteien oder Organisationen möchte man auf der Demo nicht sehen.

In Dresden marschierten bis zu 20.000 Menschen. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel abwärts verurteilten prominente Deutsche "fremdenfeindliche und islamophobe Tendenzen", wie Merkel es ausdrückte.

Nach Österreich schwappte die Bewegung vorerst nur via Facebook über - mit "Pegida Österreich" und "Pegida Wien". Bis Mittwoch Nachmittag haben 560 Personen den Protestaufruf geliket, 40 Personen haben ihn geteilt.

Als eine Art Testlauf für Pegida-Aufmärsche in Österreich könnte man die Demo gegen eine Imam-Schule sehen, zu der die FPÖ Anfang November aufrief. Mit 250 Teilnehmern blieb die Veranstaltung aber weit von einer Massenkundgebung entfernt.

Durch die intensive Berichterstattung über Pegida und den Anschlag in Paris könnte die Bewegung aber auch hierzulande an Fahrt gewinnen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat angekündigt, Pegida zu unterstützen.

Auch der Chef der Identitären, Alexander Markovics, glaubt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass beim nächsten Mal deutlich mehr Menschen marschieren werden als im Frühjahr 2014. Damals organisierte die neurechte, radikal-patriotische und islamfeindliche Jugend-Bewegung eine Kundgebung in Wien. 250 Identitäre marschierten, begleitet von 400 Gegendemonstranten. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl nannte die Gruppe mit ihren runenartigen Symbolen auf gelben Flaggen "neofaschistisch" und regte ein Verbot an. "Das ist lächerlich, wir grenzen uns ganz klar vom Nationalsozialismus sowie dem Faschismus ab", sagt Markovics. Er ist ein 23-jähriger Student der Politikwissenschaft und Geschichte. Seine Vorfahren hätten bereits 1683 gegen die Türkenbelagerung gekämpft, untermauert er sein Österreichertum. Er bezeichnet die Identitären, die Ableger in jedem Bundesland haben, als "metapolitische Gruppe" gegen "Massenzuwanderung und Asylwahnsinn".

Nach Schweinefleisch-Attacken auf einen türkischen Verein in Wien fiel der Verdacht auf die Identitären. Markovics sagt: "Ich schließe aus, dass jemand von uns damit zu tun hat." Das gelte auch für das gefälschte Straßenschild "Scharia-Gasse" beim Islamischen Zentrum in Floridsdorf.

Sind die Identitären Hintermänner von Pegida Österreich? "Wir sind eine eigene Gruppe und werden, solange es keine Einladung von Pegida an uns gibt, nicht offiziell mitmarschieren. Wir beobachten diese neue Bürgerbewegung." Er kündigt eigenständige Demos an. Zuletzt habe es mit dem Ring Freiheitlicher Jugend (FPÖ) im Burgenland eine gemeinsame Veranstaltung gegeben. Als Privatpersonen könnten sich Identitäre der Pegida-Demo anschließen. "Wir finden es gut, wenn andere patriotische Initiativen auf die Straße gehen". Auf Facebook hat Pegida Österreich 8000 Fans, damit hat man sich in einem Monat vervierfacht und doppelt so viele Sympathisanten wie die Identitären Österreich.

Pegida stoße inhaltlich "ungefähr ins selbe Horn". Die Identitären spitzten Positionen aber stärker zu und würden klare politische Forderungen stellen, sagt Markovics. So sprechen sich die Identitären für einen generellen Asylstopp aus. So weit geht Pegida nicht. Pegida Österreich hat die deutschen Positionen 1:1 übernommen. In 19 Punkten betont sie, "für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen" zu sein, allerdings dürfe es Null-Toleranz für straffällige Asylwerber geben. Die Pflicht zur Integration solle in die Verfassung und Flüchtlinge besser auf ganz Europa aufgeteilt werden. Abschiebungen sollten rigider durchgeführt werden.

Auf den Islam wird indirekt Bezug genommen. Pegida ist für "den Erhalt und den Schutz unser christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur", für "sexuelle Selbstbestimmung", gegen Parallelgesellschaften, Hassprediger und religiösen Radikalismus.

In Deutschland betonen die Organisatoren unter dem Motto "Wir sind das Volk", die normalen Sorgen der Bevölkerung zu transportieren. Von Neonazis und Hooligans distanziert man sich.

Kommentare unter Artikeln auf Pegida Österreich, etwa über den Anteil der Muslime, sind weniger nobel. "Zum Kotzen", "0 Prozent Islam!", "Rückführung, schnell!", "Plage". Unter dem als Provokation geposteten Video eines Schwarzen, der sich über Pegida lustig macht, schreibt ein Fan: "Wusste gar nicht, dass ein Affe sprechen kann." Diese Seite gibt jenen Nahrung, die Pegida als Plattform für Rassismus und gefährliches Ventil für Hetze sehen und in Wien wohl auf der anderen Seite der Demo zu sehen sein werden.