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Religionspolizei?

Von Clemens Neuhold

Politik

Aufregung um Ansage des Integrationsministers, das Kultusamt zur "Religionsbehörde" auszubauen.


Wien. Die Kontroverse um das Islamgesetz reißt nicht ab. Islamvertreter orten darin nach wie vor einen Generalverdacht gegen Muslime und eine Ungleichbehandlung mit anderen Religionsgemeinschaften. Nun lässt die von Integrationsminister und Außenminister Sebastian Kurz angekündigte Aufwertung des Kultusamtes zu einer "operativen Religionsbehörde" die Wogen hochgehen. In der "Kleinen Zeitung" hatte er gesagt: "Wenn wir schon neue Regeln festlegen, dann muss es auch eine Behörde geben, die die Kapazitäten besitzt, um Fehlentwicklung aufzuzeigen und dagegen vorzugehen." Die "Kronen Zeitung" berichtete: "Kontrollrechte" solle die Behörde auch in Moscheen haben.

Der Wiener SPÖ-Gemeinderat und praktizierende Muslim, Omar Al-Rawi, echauffiert sich daraufhin auf Facebook: "Ist alles in Bezug auf Islam und Muslime möglich? Will er (Kurz, Anm.) eine Religionspolizei installieren?"

Die Sprecherin der Muslimischen Jugend (MJÖ), Dudu Küdükgöl, schreibt ebenfalls auf Facebook: "Religionsbehörde!!! Da haben wir es schwarz auf weiß. Verstaatlichung von Religion. Wie war das noch einmal mit der Trennung von Staat und Kirche?"

Der Sprecher der Initiative Muslimische Österreicher, Tarafa Baghajati, postet: "Ja, der Islam gehört selbstverständlich zu Österreich. Und nein, wir brauchen keine Religionsbehörde."

Ein Sprecher von Kurz meint dazu: "Es geht nicht darum, in Moscheen zu gehen, sondern darum, dass das Kultusamt Hinweise auf Verstöße gegen das Islamgesetz verstärkt prüft."

Das Islamgesetz müsse nun zuerst einmal beschlossen werden. "Dafür, dass diese Regelungen dann auch umgesetzt werden, braucht es entsprechende Ressourcen." Die Aufwertung des Kultusamtes sei vorwiegend auf das Personal bezogen. Derzeit arbeiten dort vier Personen.

Vorrangregelnüberwachen

Als Beispiel für verstärkte Kontrollen nennt der Sprecher das im Islamgesetz verankerte Verbot für anerkannte Islamvereine, sich aus dem Ausland zu finanzieren. Festgehalten im Gesetz, und damit ein Fall für das Kultusamt ist auch der Vorrang des staatlichen Rechtes vor religiösen Regeln.

Direkt zuständig für das Kultusamt ist Kanzleramtsminister Josef Ostermayer von der SPÖ. Er ist also Parteigenosse des kritischen Al-Rawi. Der Sprecher von Kurz meint, man sei mit Ostermayer "in guten Gesprächen".

Aus dem Büro Ostermayer heißt es: "Das Kultusamt wird seinen Kontrollrechten selbstverständlich nachkommen." Den Bedarf für mehr Personal sieht man nicht unbedingt. "Im Zuge des Beschlusses wurde auch eine Wirkungsfolgeabschätzung über das Islamgesetz mitbeschlossen, in der das Kultusamt keine personelle Aufstockung für notwendig erachtet. Sollte sich nach Beschlussfassung des Islamgesetzes herausstellen, dass es hier zusätzliche Mittel braucht, wird man darüber Gespräche führen."

Das Islamgesetz wird nicht vor Februar beschlossen werden. Am Dienstag wurde es mit Experten im Verfassungsausschuss beraten, eine weitere Runde ist angesetzt. Erst dann sind die Abgeordneten im Plenum am Zug.