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Ein paar Zuckerl für die Ärztekammer

Von Jan Michael Marchart

Politik

Das neue Gehaltschema passierte am Freitag den Landtag. Die Stadt Wien erfüllt der Ärztekammer ein paar Wünsche.


Wien. Das Gehaltsschema für die Wiener Gemeindeärzte hat am Freitag den Landtag passiert. Das Gesamtpaket ist insgesamt 67 Millionen Euro schwer, wobei laut Rathaus 47 Millionen durch Umschichtungen der Dienstpläne in den Spitälern des Krankenanstaltenverbunds (KAV) freigemacht werden. 20 Millionen Euro sind zusätzliche Mittel. Betroffen sind insgesamt 3200 Mediziner.

Das Paket sieht eine Erhöhung der Grundgehälter von bis zu 29 Prozent vor. Vor allem der Ärzte-Nachwuchs soll davon profitieren und die Abwanderung nach Deutschland oder in die Schweiz abgefedert werden. Derzeit nehmen nur sechs von zehn Jungärzten einen Job hierzulande an.

Die Ärztekammer fordert aber nach wie vor eine weit höhere Anhebung der Grundgehälter. Bei den Gesprächen am Donnerstagabend mit der Stadt und der Gewerkschaft sollte sich dieser Wunsch allerdings nicht erfüllen.

Gehaltszuckerl

Konkret soll die Ärztekammer eine Erhöhung der Grundgehälter um bis zu 50 Prozent gefordert haben. Darin sollten höhere Zulagen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste enthalten sein. Insgesamt wäre das ein zusätzlicher Aufwand für die Gemeinde von etwa 25 Millionen Euro gewesen. Hinzu kam die Forderung nach einer rückwirkenden Erhöhung seit 1. Jänner. Seitdem gilt die neue Arbeitszeitregelung nämlich. Stadt und Gewerkschaft lehnen beides restriktiv ab.

Aber immerhin konnten sich die Streitparteien auf Funktionszulagen und einen finanziellen Anreiz für jene Ärzte einigen, die sich dazu entschließen, in schwächeren Abteilungen eine Einverständniserklärung (Opt-out) zu unterschreiben und vorerst länger zu arbeiten. Es geht konkret um die Monate Mai und Juni. Wegen des Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen wird in den Gemeindespitälern ab Mai mit Problemen in der Patientenversorgung bei geplanten Operationen und in Ambulanzen gerechnet. Daher soll die Möglichkeit geschaffen werden, punktuell länger zu arbeiten und sich ein Gehaltszuckerl dazuzuverdienen. Bis Ende April wird ein Anreizmodell ausgearbeitet.

Dass das Gehaltsschema am Freitag den Landtag passiert hat, war von hoher Bedeutung. Denn der nächste Landtags-Termin wäre erst der 2. Juli gewesen. Mit Beginn des Monats gilt die 48-Stunden-Woche in den KAV-Spitälern aber schon. Die Folge: kürzere Arbeitszeiten, aber hohe Gehaltseinbußen, da die Wiener Gemeindeärzte durch die Arbeitszeitregelung Zuverdienste wie Überstunden und Nachtdienste verlieren.

"Auf Händen getragen"

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) sagte am Freitag im Landtag, dass damit "eine sehr starke Erhöhung der Gehälter" erreicht wurde. Gleichzeitig würde die Arbeitsbelastung geringer werden. Nachsatz: "Wir werden ab Juli in den meisten Bereichen das Gesetz umsetzen können und die meisten Kolleginnen und Kollegen werden einen realen Einkommensgewinn haben."

Neben dem Gehaltsdissens mit der Kammer war bei den Verhandlungen die geplante Stellenreduktion Thema: In den Gemeindespitälern sollen künftig weniger Ärzte arbeiten. Ein Drittel der Nachtdiensträder wird eingespart, der Patient wird am Tag versorgt. Bisher begann der Nachtdienst in KAV-Spitälern um 13 Uhr. Nun soll die Tagesarbeitszeit von 7 Uhr bis 19 Uhr gehen. Dann erst beginnt der Nachtdienst.

In Zukunft werden mehr Patienten in den Nachmittagsstunden versorgt. Der Personalbedarf soll dadurch sinken, was zum Aufreger führt, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass das Arbeitszeitmodell von den 3200 KAV-Ärzten bei der Urabstimmung zu rund 90 Prozent abgelehnt wurde.

Kommission zur Kontrolle

Es ist vorgesehen, 382 Vollzeitstellen nach einer genauen Evaluierung der Bereiche und Nachtdienste bis 2018 einzusparen. Dienstverträge werden nicht verlängert, Stellen nicht nachbesetzt und die Aufnahme von Turnusärzten wird reduziert.

Bei den Gesprächen am Donnerstagabend zwischen Stadt, Gewerkschaft und Ärztekammer wurde noch einmal klargestellt, dass es nur zu einer Reduzierung des Personalstands kommt, wenn begleitend entsprechende Strukturmaßnahmen ergriffen werden. Nachtdienste werden also nur dort reduziert, wo es möglich ist. "Kündigungen seien nicht geplant", sagte der Chef der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und SPÖ-Landtagsabgeordnete, Christian Meidlinger, im Landtag. Kommt es trotz Maßnahmen zu Engpässen in Abteilungen, wird der Personalstand entsprechend erhöht.

Kontrolliert werden soll das von einer Kommission, die aus den drei Parteien besteht. Einmal im Quartal soll sie tagen. In außerordentlichen Fällen wird ein Experte, etwa ein Risk Manager, hinzugezogen. Ziel ist es, die Bereiche zu entlasten, in denen es zu einer zu hohen Belastung kommt und sich die Arbeit in den letzten Jahren zugespitzt hat.

Die 25-Stunden-Dienste, die in den Spitälern laut Kammer funktioniert haben, bleiben auch erhalten. Die maximale Zahl der Nachtdienste wird auf 5,5 pro Monat in einem Durchrechnungszeitraum von sechs Monaten begrenzt. Wo es der Betrieb zulässt, gibt es zudem alle zwei Wochen ein freies Wochenende von Freitagnachmittag bis Montagfrüh, hört man aus der Kammer.