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"Ohne Wasserpfeife kann ich gleich zusperren"

Von Clemens Neuhold

Politik
Egal ob mit Kohle oder Stein, bis 2018 könnte die Wiener Shisha-Szene verglüht sein.
© Jenis

Rauchverbot hat junge Unternehmer kalt erwischt. Grün-Abgeordneter will in Shisha-Bars länger rauchen lassen.


Wien. "Wir haben vor drei Jahren einen siebenstelligen Betrag investiert. Dass die Shisha komplett verboten wird, war für uns unvorstellbar. Das Rauchergesetz hat sich doch immer auf Nikotin bezogen. Und es gibt ja nikotinfreien Shisha-Tabak", sagt der Geschäftsführer eines Wasserpfeifenlokals im 1. Bezirk. Das Rauchverbot, das ab 2018 jede Form von Shisha-Konsum verbietet, hat ihn kalt erwischt - ihn und eine ganze Branche. Er will von 20 "Lounges" wissen, die allein im vergangenen Jahr aufsperrten. 50 bis 60 "Lounges" soll es alleine in Wien geben. Dazu kommen etliche kleine Bars und Vereine.

Konzept aus Türkei

In der Shisha-Community hat die Wochenend-Story der "Wiener Zeitung" über den nahen Shisha-Tod für Alarmstimmung gesorgt. Der Grün-Abgeordnete und Selbständigen-Sprecher der Grünen, Matthias Köchl, schreibt auf Twitter: "Rauchverbot für Wasserpfeifen??? Ich bin Nichtraucher, aber das ginge mir echt zu weit." Am Montag meint er: "Man sollte Neuinvestitionen nicht ermuntern. Aber für Lokale, die ihre volle Investition in den Sand setzen, könnte ich mir eine großzügigere Übergangsfrist vorstellen." Derzeit gilt 2018.

Der 31-jährige Sarkan Cil hat das "Beyzade" im fünften Wiener Bezirk als 23-Jähriger aufgesperrt. "Ich war einer der Ersten und hab das Konzept aus der Türkei mitgebracht. Trendy wurde die Shisha so richtig vor drei Jahren." Was macht er 2018? "Ohne Wasserpfeife kann ich gleich zusperren. Dann geh ich mit meinen drei Mitarbeitern zum AMS."

Sein Glück im Unglück: Er hat Platz für einen Schanigarten. Doch ob die drei bis vier schönen Monate ihn retten?

Das Wirtschaftsministerium will nichts zum speziellen Schicksal der Branche sagen und verweist auf das Gesundheitsministerium. Dort bleibt eine Anfrage, was die Lokale ohne Geschäftsgrundlage machen sollen, unbeantwortet. Im Verbotsentwurf ist der "Konsum von Wasserpfeifen" mehrfach erwähnt. Neben nikotinfreiem Tabak kann die Shisha aber auch mit Steinen und einer speziellen Flüssigkeit oder als E-Shisha geraucht werden. Da das strenge Rauchverbot jedoch auch für E-Zigaretten vorgesehen ist, scheidet das "Dampfen" von Wasserpfeifen als Alternative aus.

"Das hat sich in der Politik wohl keiner so richtig überlegt, dass man diesen Lokalen damit den Garaus macht", sagt Berndt Querfeld, Obmann der Wiener Kaffeehäuser. Es sei aber schon hoch riskant gewesen, zu investieren, wenn der Trend Richtung Rauchverbot gehe. Akan Keskin vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband sagt: "Dass das Gesetz so rigoros wird, damit hat niemand gerechnet." Auch nicht die Wirtschaftskammer. Vor einem Jahr befand der Verfassungsgerichtshof, dass es Nichtrauchern zumutbar sei, auf dem Weg aufs WC den Raucherbereich zu durchqueren. Die Kammer bewarb die Entscheidung wie einen Sieg für die weitere Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereich. Das kam auch bei den Shisha-Lokalen an.

Ein weiterer Grund für den Shisha-Boom kennt Keskin: Großhändler für Shisha-Utensilien hätten jungen Türken und Persern die Investition in das neue Business schmackhaft gemacht.

Kohlenmonoxid

Wie schädlich ist die Wasserpfeife? Das Deutsche Krebsforschungszentrum setzt die nikotinhaltige Wasserpfeife mit Zigaretten gleich, wobei die Belastung durch Kohlenmonoxid oder Schwermetalle wegen der brennenden Kohlen noch höher sein kann. Weniger gut untersucht scheinen tabakfreie "Steine". Ein deutsches Gericht erlaubt sie trotz Rauchverbots. Bei E-Shishas weist das Ministerium darauf hin, dass auch diese schädliche Stoffe freisetzen kann, selbst wenn sie kein Nikotin enthalten.

Was die Gesundheitspolitiker aber wohl am uncoolsten finden: den Coolness-Faktor, den die Wasserpfeifen bei Jugendlichen erlangt haben. Denn das Ziel ist ja eine rauchfreie Jugend.