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Sturmwarnung

Von Brigitte Pechar

Politik

Der Sparzwang sorgt für erhebliche Spannungen - innerhalb der Koalition und zwischen Regierung und Beamten.


Wien. Zwischen der Beamtengewerkschaft und der Regierung läuft es auf einen Crash hinaus, aber auch koalitionsintern gehen wegen der Lehrer und Beamten die Wogen hoch. 1,1 Milliarden Euro muss Finanzminister Hans Jörg Schelling für die Steuerreform in der Verwaltung heben - 700 Millionen im Bund, 400 Millionen müssen die Länder beitragen. Von einem absehbaren "Beamtenpaket" wollte Schelling nicht sprechen. Bundeskanzler Werner Faymann hat aber klargestellt, dass das ohne Einschnitte beim Personal nicht abgehen werde: "Wenn man in der Verwaltung sparen will, wird das auch die Beamten treffen." Kanzleramtsminister Josef Ostermayer wiederholte am Freitag: "Wenn wir effizienter werden, ist die Konsequenz auch, dass wir weniger Personal brauchen."

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verließ am Freitag das Regierungsschiff und meldete sich als Chefin des ÖAAB zu Wort, dem Arbeitnehmerbund der ÖVP. Als solche warf sie dem Koalitionspartner "Wortbruch" vor: "Die Bundesregierung hat versprochen, dass die Steuerreform eine Entlastung für alle Arbeitnehmer bringt und dass sie sie nicht selbst finanzieren müssen." Das, was derzeit aber "veranstaltet wird", sei ein "eindeutiger Wortbruch". Anstatt bei der Verwaltungsreform an die Personalkosten der Beamten zu denken, sollte man sich viel eher Doppelgleisigkeiten und Kompetenzbereinigungen anschauen, betonte Mikl-Leitner.

Ob allerdings eine Kompetenzbereinigung spurlos an den an öffentlich Bediensteten vorbeigehen würde, ist zweifelhaft. Eine Verwaltungsreform sei untrennbar mit Eingriffen in das Dienstrecht verbunden, sagte Ökonom Ulrich Schuh, Leiter des Think Tanks Eco Austria der Industriellenvereinigung, zur "Wiener Zeitung". Allerdings müsse zuerst feststehen, wohin die Reise gehe und erst dann dürfe das Dienstrecht dafür gemacht werden. An einem neuen Beamtendienstrecht haben sich schon viele Regierungen versucht - und sind bisher fast immer gescheitert.

Erst Strategie, dann Reformen, rät Ulrich Schuh

Nur für die Lehrer gelang 2013 das Unterfangen. Und prompt fehlte die inhaltliche Strategie. Heute etwa will die Regierung mehr Autonomie für die Schulen, die dafür notwendigen Änderungen im Dienstrecht finden sich in der Novelle 2013 jedoch nicht wieder. Hier gehe es, so Schuh, nicht nur um zwei Stunden mehr Unterricht. Wenn die Lehrer den ganzen Tag in der Schule sein müssen, oder wenn Schulleiter sich die Lehrer aussuchen können sollen, dann muss das Dienstrecht dafür ausgelegt sein.

Schuh hat allerdings den Glauben, dass die Regierung diesmal das Pferd von der richtigen Seite her aufzäumen könnte, aufgegeben. Wahrscheinlicher sind für ihn deshalb moderate Lohnrunden und Aufnahmestopps statt grundsätzlicher Reformen in der Verwaltung.

Wie Schuh rät auch Franz Schellhorn vom wirtschaftsliberealen Think Tank Agenda Austria der Regierung zu Reformen, wie sie die damalige sozialdemokratische Regierung in Schweden gemacht habe. Diese konfrontierte den öffentlichen Dienst mit einem um zehn Prozent reduzierten Budgetrahmen, allerdings "nicht von heute auf morgen, sondern innerhalb von fünf Jahren". Die öffentlichen Stellen bekamen das Angebot, selbst zu entscheiden, wo sie einsparen wollen. "Das hat tadellos funktioniert", so Schellhorn, "und Österreich sollte es genau so machen". Zumal keine Berichte bekannt seien, wonach Schweden wegen der Reformen zu einem schlecht verwalteter Staat geworden wäre. Als innerstaatliches Vorbild nennt er die Finanzverwaltung: "Die Stellen wurden in zehn Jahren von 16.000 auf knapp 10.500 reduziert. Die Finanzverwaltung zählt nach wie vor zu den effizientesten in Europa."

Eine Nulllohnrunde für die Beamten hat Kanzleramtsminister Ostermayer zwar ausgeschlossen, aufgrund der niedrigen Inflation werde die Tariferhöhung allerdings moderat ausfallen. Und in Richtung Lehrer stellte Ostermayer am Freitag klar, dass über eine Verlängerung der Unterrichtszeit zu diskutieren sein werde - und zwar "in den Verhandlungen über ein neues Beamten-Dienstrecht".

Die Debatte um die Lehrer-Arbeitszeit war ja Anlass für den Sager von Bürgermeister Michael Häupl: "Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig." Das wiederum hat die Beamtenvertreter ganz allgemein, die SPÖ-nahen jedoch ganz besonders empört. Der Zentralverein der Wiener Lehrer wird am 1. Mai nicht am Maiaufmarsch der SPÖ teilnehmen. Man sei "schockiert" über die "diffamierenden Äußerungen" des Bürgermeisters.

Konflikt mit Beamten könnte auf Wahlen durchschlagen

Angesichts der Landtagswahlen im Burgenland und der Steiermark (31. Mai) sowie in Oberösterreich und Wien (27. September, 11. Oktober) stellt sich die Frage nach den Folgen dieser Auseinandersetzung. In Wien allein gibt es 22.000 Lehrer, davon 12.000 Pflichtschul-, also Landeslehrer. Zwar wählen die Lehrer mehrheitlich die Grünen, wie Meinungsforscher Christoph Hofinger von Sora zur "Wiener Zeitung" sagt. Aber gleich danach folgen in der Wählergunst der Lehrer SPÖ und ÖVP. Im gesamten öffentlichen Dienst - der allerdings an Bedeutung verliert: Vor 20 Jahren arbeitete noch jeder fünfte Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, heute nur noch jeder siebente - liege die SPÖ knapp vor der ÖVP, gefolgt von Grünen und FPÖ.

Meinungsforscher Franz Sommer schätzt das Wahlverhalten der Beamten ähnlich ein. Während bei den Personalvertretungs-Wahlen die ÖVP-nahe Beamtengewerkschaft FCG über eine absolute Mehrheit verfügt, tendieren die Beamten bei Wahlen auf Bundesebene in den letzten Jahren zunehmend nach links. Auf Landesebene - mit der Ausnahme Wiens - steigt dann der Anteil an ÖVP-Wählern.

Die öffentlich Bediensteten sind also noch immer eine wichtige Wählerschicht für SPÖ und ÖVP. Die Frage ist, was heißt das für die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Regierung und Beamtengewerkschaft.